Der Spielplatz

Hier stehen auf einer, mit kleinen Haselnussbäumen gesäumten, großen Wiese einige Spielgeräte für Kinder. Trotz der neusten Ereignisse, spielen hier noch des Öfteren Kinder.

[Gabriel und Nicolae cf: Kovor, Dorfplatz]

Nicht nur, dass sich Gabriel kein Stück von ihm reizen ließ, er erwiderte auch noch mit einem, wenn auch nicht sonderlich guten, bissigen Kommentar. Anscheinend hatte er den Blauäugigen doch unterschätzt. "Pah, denke bloß nicht ich wäre ein Schwächling. Ich darf wohl behaupten, dass ich deutlich älter bin als du und somit auch einiges mehr an Erfahrung habe." Er machte eine kurze Pause. Schwächen eingestehen gehörte nicht gerade zu Nicolaes Stärken. "Jedoch bin ich vor kurzem in dieser Festung von Stadt gelandet... Ich schätze ich werde demnächst weiter ziehen." Mochte gut sein, dass es auch überall anders nun so schwierig war an etwas Blut zu kommen. Doch auf dem Land würde es alle male besser gehen als hier in der Stadt. Auch wenn er die erste Zeit nur hier in der Umgebung jagen konnte.

Er lehnte sich gegen eines der Spielgeräte die hier standen und richtete seinen mittlerweile ruhigen Blick auf Gabriel. Sein langes, schwarzes Haar wehte in der leichten Priese und kitzelte ihn gelegentlich am Kinn, bis er dem ganzen mit einem kurzen Handstrich ein Ende setzte, zumindest für die nächsten Augenblicke. Manchmal waren diese langen Haare doch etwas nervig. Doch auch Gabriel hatte es nicht gerade einfach. "Ich weiß ja nicht warum du mir folgst, aber wenn du denkst ich wäre dir etwas schuldig, dann hast du dich geirrt." Gabriel war eben einfach zu langsam gewesen, dafür konnte er ja nichts, nur weil er seine Chance genutzt hatte. Aber war ja klar, dass Gabriels ruhiges Verhalten nicht ohne Hintergedanken gewesen sein konnte. "Also, was ist dein Problem?"

Gabriel glaubte Nicolae gerne, dass dieser älter war. Er selbst hatte schon Probleme gehabt in dieser Stadt zurecht zu finden. Aber jemand, der schon Ewigkeiten so lebt, der konnte das nicht einfach so ändern, und in dieser Welt hatte es im letzten Jahr nun mal viele Veränderungen gegeben, die den Vampiren das überleben erschwerten. Trotz allem sollte man doch anpassungsfähig sein, was Nicolae anscheinend nicht war. Vielleicht hatte er von alldem auch gar nichts mitbekommen und war überrumpelt worden, wenn er keine feste Heimat hatte. Allerdings war das bei ihm selbst auch nicht anders, er war auch eine Zeit lang alleine unterwegs gewesen. Nun, was auch immer der Grund dafür war, er konnte ihm wohl ziemlich egal sein. Wenn er es nicht konnte, würde sich das auch nicht ändern, wenn er in eine andere Stadt ging, mittlerweile war es vermutlich überall gleich.

"Ich denke ich habe weniger ein Problem als du." Es war nicht böse gemeint. Doch selbst wenn das nur Zufall gewesen war, und er sonst keine solchen Probleme hatte, so verursachte Nicolae mit seiner Art zu Jagen bereits genügend Probleme. Es war nicht gut derartig auffällig zu jagen. Allerdings war er auch nicht hier um dem anderen irgendwelche Vorwürfe zu machen. "Wenn ich gehen soll, dann sag das. Aber verrate mir eines, hast du einen Unterschlupf?" Gabriel war nicht gerade jemand, der einen Clan anleiten konnte, jedoch musste er daran denken, dass er sich hier eine  neue Familie aufbauen konnte. Anscheinend war Nicolae, wie er selbst auch, jemand der alleine durchs Land streifte, und vielleicht sehnte er sich genauso sehr nach einem Clan.

Nicolae wusste beim besten Willen nicht, was er von diesem Gabriel halten sollte. Was, wenn das alles nur ein Hinterhalt war? Doch Gabriel wusste um seine Fähigkeit, es würde keinen Sinn machen, ihn in einen Hinterhalt zu locken. "Natürlich sollst du gehen, hatte ich das nicht bereits deutlich klar gemacht? Dein Gelaber hält doch keiner aus." Wer sollte hier bitte ein Problem haben? Gabriel war es doch, der ihn hier verfolgte und nicht anders rum. Obwohl er etwas angenervt war, wollte er doch auf dessen Frage antworten. Eigentlich hätte er ja sagen sollen, dass es ihn nichts anging, doch in diesem Moment verschwendete Nicolae keinen Gedanken an eine solche Antwort. "Was denkst du denn? Natürlich nicht." Zwar hatte er einen Ort, an den er fliehen konnte und an den er sich später auch zurück ziehen würde, aber als Unterschlupf konnte man die runter gekommene Hütte wohl kaum bezeichnen, zumal er dort auch nicht wirklich geschützt war.

"Aber was interessiert dich das schon?" Nun schien sich sein Hirn doch noch einzuschalten, das war ja schon peinlich genug gewesen. Warum wollte Gabriel das wissen? Suchte er selbst nach einer Bleibe, oder wollte er ihm gar einen Platz anbieten? Da war doch definitiv was faul. Nicolae hatte ihn um sein Blut gebracht und jetzt wollte er ihm womöglich noch helfen? Was war falsch mit diesem Kerl? "Hör zu, ich weiß ja nicht was du im Schilde führst, aber nur weil du auf nett machst heißt das nicht, dass ich dir vertraue." Vielleicht würde er ja so Gabriel etwas besser durchschauen können. Natürlich, er hatte eine angenehme Ausstrahlung und Nicolae war erstaunlich ruhig, dafür dass er hier mit einem fremden Vampir zusammen war, der im Augenblick wohl stärker war als er selbst. Er wollte Gabriel gegenüber keine Schwäche zeigen, vielleicht floh er deshalb nicht einfach. Nicolae wollte, dass Gabriel ging.

Obwohl Nicolae so abweisend war, hatte Gabriel dennoch das Gefühl, dass er es eigentlich nicht so meinte. "Ich denke du missverstehst mich." Mit einer unscheinbaren Handbewegung strich sich der Weißhaarige ein paar Strähnen aus der Stirn. Es war wohl an der Zeit Klartext zu reden. "Ich verlange nicht im Geringsten, dass du mir vertraust, auch wenn es schön wäre. Ich weiß ja nicht, wie es bei dir aussieht, aber ich habe bis vor kurzem in einer Clangemeinschaft gelebt. Dieses einsame Stadtleben hier. Überall sind Vampire, Menschen und doch ist man alleine... Du siehst ja wozu mich das jetzt schon bringt." So vor einem ihm Fremden zu reden war nicht gerade Gabriels Art, aber irgendwie musste er ja mal Anschluss finden. Warum das gerade bei jemanden wie Nicolae passieren musste wusste er auch nicht, vielleicht sollte er lieber schnell jagen gehen.

"Am besten vergisst du das einfach wieder. Wenn nicht, mein Unterschlupf ist groß genug für zwei und ein wenig Gesellschaft ist immer nett." Dass ihm gerade in diesem Augenblick der Junge von neulich in den Sinn kam, überraschte Gabriel. Vermutlich wäre Cooros Gesellschaft einiges Angenehmer als Nicolaes, aber eigentlich hatte er ihn schon längst aus seinen Gedanken vertrieben. "Wie dem auch sei, ich werde nun erst einmal neue Beute suchen. Tu mir nur den einen Gefallen und versuche nicht ganz so Auffällig zu jagen." Für einen kurzen Moment suchte er Blickkontakt mit Nicolae um ihm den Standort seines Verstecks mitzuteilen. Gleichzeitig spürte er aber auch Nicolaes Gefühle, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick. Es war wohl besser wenn er nun ging. Ohne noch mal zu dem anderen zu schauen drehte sich Gabriel um, ging ruhigen aber zügigen Schrittes über die Wiese und verschwand schließlich in der Dunkelheit Richtung Napolia. In der kurzen Zeit die ihm noch blieb musste er sich schon Mühe geben.

[Gabriel gt: Napolia, Straßen der Neustadt]

Nicolae lachte kurz trocken auf. "Vielleicht solltest du dir einen Therapeuten suchen." Was gingen ihn denn Gabriels Probleme an? Dieser schien seine Worte aber nicht einmal wahrgenommen zu haben. Eigentlich hätte er etwas Mitleid mit dem anderen haben können, immerhin war ein solch plötzliche Einsamkeit für jemanden, der immer eine große Familie um sich gehabt hatte, sicherlich schwierig, nur leider war Nicolae schon immer alleine gewesen und hatte für derartige Gefühle nur wenig über. Gabriel schien aber schnell seinen Irrtum, so etwas einem Fremden, der sich zudem null dafür interessierte, zu erzählen, zu bemerken, weshalb Nicolae einen weiteren Kommentar unterließ. Er nickte nur kaum merklich aber zustimmen und vergaß Gabriels Worte wieder, zumindest fürs Erste.

Doch dann fing Gabriel schon wieder mit seinem Unterschlupf an, warum dachte der Kerl nur, dass er seine Gesellschaft suchen wolle? Bevor er auf Gabriels Bemerkung zu seiner Art zu jagen eingehen konnte, hatte dieser bereits seinen direkten Blick gesucht um ihm sein Versteck mitzuteilen. Schien ganz nett zu sein, vielleicht sollte er doch mal vorbei schauen, wenn der andere gerade nicht da war, mal schauen. Dieser hatte sich mittlerweile bereits abgewandt und verschwand über den Platz. "Kann dir doch egal sein, wie ich jage", grummelte er dennoch auf dessen vorherige Bitte. Ihm war schon klar, dass er so nicht jagen sollte, auch wenn das in den heutigen Zeiten wohl kaum einen Unterschied machte. Und hätte er gezögert, würde er immer noch hungern müssen. Nicolae machte sich auf den Weg. Während Gabriel neue Beute suchte, konnte er sich sicherlich mal in dessen Versteck umsehen. Vielleicht würde er dort ja auf den schnuckeligen Jungen treffen, den er eben in Gabriels Gedanken gesehen hatte. Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen verschwand auch er im Dunkeln.

[Nicolae gt: Napolia Altstadt, Gabriels Unterschlupf]