Schulhof

das Eingangsposting lautete :

Ein großer Schulhof mit einer alten Eiche in der Mitte. Um den Baum stehen Bänke auf denen man es sich im Sommer bequem machen kann. Der Hof ist mit Hecken und Sträuchern eingerahmt. Auch hier gibt es eine Vampir-Kamera, die hauptsächlich zum ausmachen fremder Infizierter, die nicht auf diese Schule gehen, dient.

Während Yuiko sofort ihren Anweisungen folgte, zögerte Shinya noch und sprach stattdessen mit ihr. Wie typisch für den Jungen. "Unterschätze nicht den Bau eines Schneemannes", entgegnete das Mädchen grinsend und drehte sich dann ganz ihrem Bruder zu. "So ist sie lange genug beschäftigt, während wir riesige Bälle formen. Aber denk dran, deiner muss kleiner sein als meiner." Mit diesen Worten ging Ayano schnellen Schrittes davon, wobei sie sich ein leises Lachen nicht verkneifen konnte. Ob Shinya diesen Wettkampf darum, wer zuerst mit seiner Kugel fertig war, annahm konnte sie nicht sagen. Aber sie würde sowieso gewinnen. Sie ging ein ganzes Stück weit weg, immerhin musste sie ihren Schneeball sehr weit rollen, damit er auch wirklich groß wurde. Während sie begann, den kleinen Ball, den sie eben noch geformt hatte, durch den Schnee zu schieben, huschte ihr Blick immer wieder zu Shinya. Schließlich musste sie ihren Kontrahenten gut im Auge behalten, um sicher zu gehen, dass sie auch wirklich gewinnen würde.

[Selina cf: Kovor, Selinas und Marias Häuschen]

Nachdem Selina aus dem Bus ausgestiegen war, schüttelte sie in der angenehmen Kälte erst einmal das unwohle Gefühl ab, das sich die gesamte Fahrt über angestaut hatten. Würde sie nicht so weit weg wohnen, würde sie zu Fuß zur Schule gehen. So war sie aber auf den Bus angewiesen, in dem sie jeden Tag aufs neue auf die Probe gestellt wurde. Sie schüttelte diesen Gedanken ab, während sie das Schulgelände betrat. Sie vermied den Blick zu dem kleinen Bildschirm über sich genauso, wie sie es vermied sich umzuschauen. Eigentlich war sie nicht derart unsicher und ließ das alles an ihr abperlen. Doch anscheinend hatte die Sache gestern ihr mehr zugesetzt, als sie gedacht hatte. Shinya würde sie nicht mehr sehen wollen, da war sie sich sicher. Selina schluckte einmal, ehe sie dann doch aufschaute. Sie hatte das Schultor passiert und warf nun einen kurzen Blick über den Schulhof. Es war erstaunlich leer, wobei das vermutlich der Normalzustand an dieser Schule war. Lediglich der zertrampelte Schnee machte deutlich, dass hier heute schon eine Menge Schüler lang gegangen waren. Sie würden alle in der Aula oder vor den Klassen auf den Beginn des Unterrichts warten. Ein Fakt, der das Mädchen kurz zögern ließ. Vielleicht sollte sie heute bis zum Klingeln lieber hier draußen bleiben. Ihr machte die Kälte trotz ihrer dünnen Kleidung schließlich nichts aus und so musste sie sich nicht unnötig stressen.

Eher zögerlich hatte Shinya damit begonnen, die große Kugel, die das Fundament darstellen würde, zu formen. Zu der normalen Kälte kam nun noch der eisige Schnee, der stechende Schmerzen durch seine Finger schickte. Unter diesen Umständen hatte er noch weniger Lust auf einen Wettkampf gegen Ayano. Ab morgen musste er auf jeden Fall seine Handschuhe mitnehmen. Während er den immer größer werdenden Ball durch den Schnee rollte, entfernte sich Shinya langsam von dem gewählten Platz. Der Großteil des Schulhofes war unberührt, da die meisten Schüler auf geradem Weg in das Gebäude gingen. So hatte Shinya ordentlich Schnee und Platz zur Verfügung. Es war eine Schülerin, die ihn plötzlich inne halten ließ. Die für das Wetter viel zu freizügige Kleidung sprang ihm sofort ins Auge. Selina. Auf einmal einen Kloß im Hals starrte er das Mädchen einen Moment lang an. Sie stand vor dem Schulgebäude und schien über irgendetwas nachzudenken. Shinya machte sich keine weiteren Gedanken darum. Genauso wenig wie über sein folgendes Handeln. "Selina!", rief er dem Mädchen zu, wobei er mit seiner Hand winkte. Er wusste beim besten Willen nicht, was er sagen sollte, oder was er erwartete. Doch es vor der ersten Stunde zu klären war mit Sicherheit angenehmer, als die nächsten zwei Stunden im selben Raum zu sitzen. Zumindest er würde sich so nicht konzentrieren können.

Gerade als sich Selina dazu entschieden hatte, sich bis zum Klingeln eine Ecke auf dem Schulhof zu suchen, hörte sie ihren Namen. Verdutzt schaute sie sich um, da sie nicht wusste, wer sie rufen könnte. Doch schon im nächsten Augenblick fühlte sie sich dämlich. Wer sonst sollte es sein, als Shinya? Der Rothaarige winkte ihr zu, was das Mädchen schwer schlucken ließ. Anscheinen wollte er, dass sie zu ihm kam. Zwar ignorierte er nicht, doch wusste sie auch nicht, was nun auf sie zukam. Aus dem Weg würde sie dem Jungen nun aber nicht gehen. Sie trug die Schuld an dem allen und würde sich dieser auch stellen. Nach kurzem Zögern drehte sie sich schließlich um und ging auf den Jungen zu, wobei sie angestrengt darüber nachdachte, wie sie sich gleich verhalten sollte. Schließlich griff sie nach ihrem linken Arm und verkrampfte ihre Finger sogleich um diesen. Mit gebührenden Abstand blieb sie vor Shinya stehen und schaute beinahe unsicher zu ihm auf. "Shinya", war alles, was sie herausbrachte, ehe sie ihren Blick senkte. Sie konnte sich nicht ansatzweise so verhalten, wie sie es sich gerne wünschte. Stattdessen machte Selina sich hier zum Affen, was sie nur noch angreifbarer machen würde.

Selina hatte ihn nicht nur gehört, sondern kam auch noch zu ihm. Während Shinyas Gedanken zu rasen begannen, verdrängte er immerhin das frostige Outfit des Mädchens. Was sollte er nun sagen? Wie sollte er sich verhalten? Immerhin war ihm klar, dass er Selina keinerlei Schuld gab. Doch wie sah das Mädchen diese Angelegenheit? Wieso war sie gestern so plötzlich abgehauen? Seine Grübeleien wurden jäh unterbrochen, als er Selinas Reaktion sah. Sie war eindeutig unsicher. Hatte sie etwa ein schlechtes Gewissen? Zumindest wirkte sie nicht so, als hätte er irgendetwas falsch gemacht. "Guten Morgen", grüßte er sie daher, wobei er ein leichtes Lächeln aufsetzte. Sollte er erst einmal so tun, als wäre nichts gewesen? Aber eigentlich hätte er schon gerne ein paar Antworten. Für den Augenblick entschied er sich aber dazu, nichts von gestern anzusprechen. Eventuell war es ihm selbst aber auch etwas unangenehm, so plötzlich und unvorbereitete darüber zu sprechen. Er würde erst einmal ihre Laune testen, in der Hoffnung das Mädchen so etwas besser einschätzen zu können. "Magst du dir nicht etwas dickeres anziehen?" Wenn sie wirklich nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte, dann würde er es mit Sicherheit gleich merken.

Als Shinya ihr wie selbstverständlich einen guten Morgen wünschte, konnte Selina nicht anders, als verwundert aufzuschauen. Konnte es sein, dass der Junge es ihr nicht übel nahm, was gestern geschehen war? Natürlich hatte sie ihn bisher als sehr lieben Menschen kennen gelernt, doch jeder hatte irgendwo seine Grenzen. "Morgen", murmelte sie, ohne sein Lächeln zu erwidern. Selbst wenn sie gewollte hätte, es wäre ihr sicherlich nicht gelungen. Dafür war sie noch zu aufgeregt und achtsam. Schließlich wartete sie immer noch auf irgendeine bestimmte Reaktion von dem Jungen. Mit seiner nächsten Frage warf er sie aber vollkommen aus der Bahn. Wollte er sich jetzt etwa einfach mit ihr unterhalten? Ohne auf gestern einzugehen? Konnte es sein, dass er sich gar nicht mehr daran erinnern konnte? Selina wusste selbst nicht so genau, was ihre Kräfte alles konnten. Doch wenn es so war, konnte sie dann einfach so tun, als wäre nichts geschehen? Während all diese Fragen durch ihren Kopf schossen, starrte sie den Jungen einfach nur an. Als sie schließlich bemerkte, wie bescheuert sie sich benahm, trat Selina einen halben Schritt zurück und senkte ihren Blick. "Ich habe doch schon gesagt, dass ich nicht friere." Wenn Shinya sich auch daran nicht erinnern konnte, dann würde sie sich ernsthaft Sorgen machen.

Ohne es zu wollen, hatte Shinya Selina wohl ziemlich durcheinander gebracht. An ihren Blicken konnte der Junge jedoch deutlich erkennen, dass sie nicht nur unsicher, sondern auch auf der Hut war. Es musste ihr wirklich leid tun, was gestern geschehen war. Das alleine genügte ihm, um sich dazu entscheiden, sie nicht zu einem Gespräch darüber zu zwingen. Wenn sie es unbedingt wollte, dann konnte sie es von sich aus beginnen. Er war für den Moment schon zufrieden damit, dass sie sich trotz allem noch mit ihm unterhielt. "Aber ich friere, wenn ich dich so sehe", entgegnete er und verschränkte, wie zur Demonstration, seine Arme vor der Brust, um sich warm zu reiben. Er konnte diesen Anblick wirklich nur schwer ertragen, besonders jetzt, wo zumindest seine Hände so stark froren. Vielleicht kam da aber auch einfach der große Bruder in ihm durch, der das bei seinen Schwestern unter keinen Umständen zulassen würde. "Außerdem fängst du so viel mehr Aufmerksamkeit ein." Auch wenn Selina es vermutlich gewohnt war, angestarrt zu werden, so hatte er gestern doch gemerkt, wie unangenehm es ihr war. Warum also musste sie es dann noch extra so herausfordern?

Shinyas Worte brachten das Mädchen etwas durcheinander. Warum fror er denn, nur weil sie wenig anhatte? Sie konnte sich jedoch keine weiteren Gedanken darüber machen, da der Junge schon weitersprach. Sofort versteifte sich Selina und hob ihren Blick wieder leicht an. "Das tue ich doch so oder so." Dabei stemmte sie beinahe wie ein trotziges Mädchen ihre Hände in die Seite. Im nächsten Moment entspannte sie sich aber wieder etwas, immerhin konnte Shinya nichts dafür, dass sie heute nicht so gut gelaunt war. Er hatte es vermutlich nicht einmal böse gemeint. "Es machte doch keinen Unterschied, was ich trage und was nicht. Die Blicke werden sich nicht ändern. Aber ich kann zumindest das tragen, was mir gefällt." Sie machte eine kurze Pause in der sie den Jungen genau beobachtete, ehe sie noch ernster weiter sprach. "Selbst wenn ich alle Bedingungen erfülle, die die Menschen an mich haben, ich werde niemals so sein, wie sie mich gerne hätten. Sie werden mich niemals als mich, als das wer ich wirklich bin, anerkennen. Warum also soll ich mich all ihren Wünschen beugen?" Besonders zum Ende hin schwang ein trauriger Unterton in ihrer Stimme mit. Erst nachdem Selina geendet und ihren Blick wieder abgewandt hatte, bemerkte sie, wie ihre Worte auf den Jungen wirken mussten. Sie hatte ihn nicht so angehen wollen, doch nun war es auch zu spät, ihre Worte rückgängig zu machen.

Shinya war klar gewesen, dass Selina ihm widersprechen würde. Doch auf das, was folgte, war er so gar nicht vorbereitete gewesen. Anscheinend hatte er einen wunden Punkt bei dem Mädchen getroffen. Oder sie war ihm doch nicht mehr so freundlich gesonnen, wie er eben noch angenommen hatte. Aber wäre sie dann nicht schon einfach gegangen? Augenblicklich ruderte der Junge zurück, wozu er beschwichtigend seine Hände hob. "Ich wollte dir wirklich nicht zu nahe treten. Es tut mir leid, wenn du das so aufgefasst hast", entschuldigte er sich bereits, während sein Kopf noch versuchte, Selinas Worte zu verarbeiten. Sie klang so ernst dabei, dass ihn alleine die Vorstellung traurig machte. Auch wenn er sich bisher nicht wirklich mit den Infizierten auseinander gesetzt hatte, so wusste er doch, dass ihre Worte vollkommen der Wahrheit entsprachen. Sie konnte sich noch so normal und menschlich benehmen, sie würde immer eine Ausgestoßene bleiben.  Diese Ungerechtigkeit ließ Shinya kurz schlucken, ehe er seine Sprache wieder fand. "Ich will nicht, dass du dich irgendwie anpasst, ich kann mir wohl einfach nicht vorstellen, dass solch freizügige Kleidung um diese Jahreszeit wirklich gemütlich ist." Ab diesen Punkt sprach er nicht mehr weiter. Was würde es ändern, ihr zu sagen, dass ihn dieser Anblick Unbehagen bereitete? Wer war er schon, dass er ihr irgendetwas vorschreiben konnte?

Obwohl ihr Ärger nicht wirklich Shinya galt, sondern Selina einfach mal ihren Gefühlen freien Lauf gelassen hatte, entschuldigte sich der Junge sofort bei ihr. Ein wenig schlecht fühlte sie sich schon deswegen, weswegen sie nicht weiter darauf einging. Mit einem leisen Seufzen schaute sie wieder zu dem Jungen. "Du frierst also, wenn du andere Leute in freizügiger Kleidung siehst? Dabei hast du doch eine dicke Jacke an." Selina hatte zwar schon eine Ahnung, worauf der Junge hinaus wollte, doch so hatte sie zumindest ein Gesprächsthema, an dem sie festhalten konnte, ohne wieder in eine unangenehme Richtung zu kommen. Gerade wollte sie sich einfach nur unterhalten und all die unangenehmen Gedanken, zumindest für einen Augenblick, abschütteln. Und Shinya schien das selbe zu wollen, immerhin hatte er sie gar nicht erst auf gestern angesprochen. Doch wie konnte sie sein Verhalten nun einschätzen? Wollte er sich trotz allem wirklich noch mit ihr anfreunden? Und viel wichtiger, wenn ja, wie sollte Selina dann damit umgehen? War sie bereit dazu? Obwohl sie sich eine Freundschaft mit einem Gleichaltrigen so sehr wünschte, nachdem was sie gestern erlebt hatte, war sie sich nicht sicher, ob sie sich selbst und vor allem der anderen Person das zumuten konnte. Was wenn so etwas, oder gar noch schlimmeres, wieder geschehen würde? Woher wollte sie wissen, ob so eine Freundschaft überhaupt möglich war?

Selina schien seine Entschuldigung anzunehmen. Oder zumindest ging sie nicht weiter auf das Gespräch von gerade ein. Stattdessen kam sie auf seine Worte von eben zurück, was ihn kurz schnaufen ließ. Shinya war sich nicht sicher, ob sie nur so tat, oder ob sie tatsächlich nicht nachvollziehen konnte, warum er so empfand. "Natürlich friert es mich, wenn ich bei so einem Wetter jemanden mit nackten Beinen und Armen herumlaufen sehen. Da ändert auch meine Jacke nichts daran." Er wusste nicht, was er noch sagen sollte. Vor allem, da er nun Angst hatte, wieder etwas falsches zu sagen. Es war offensichtlich, dass Selina heute etwas empfindlich war. Woran das wohl liegen mochte? Hatte das etwa etwas mit gestern zu tun? Oder lag es möglicherweise an ihm? Er schob diese Gedanken erst einmal zur Seite, da sie ihn nicht weiterbringen würden. "Genauso wenig will ich jemanden im Hochsommer mit einer dicken Daunenjacke herumrennen sehen. Es ist einfach so. Aber das bedeutet nicht, dass ich dir oder sonst jemanden irgendwelche Kleidung vorschreiben will. Das eben war wirklich nicht böse gemeint", entschuldigte sich der Junge erneut. Ein Streit war wirklich das letzte, was er wollte, zumal sie sich nicht einmal richtig kannten. Am liebsten hätte er Selina gefragt, wie es ihr heute ging, aber er glaubte nicht, dass er eine ehrliche Antwort auf diese Frage bekommen würde, wenn überhaupt. Eventuell war es besser, erst einmal die Initiative von dem Mädchen ausgehen zu lassen.

Selina legte ihren Kopf schief, während sie den Jungen vor sich musterte. Natürlich war ihr längst klar, worauf er hinaus wollte. Dieses Gespräch nun aufrecht zu erhalten, nur um irgendein Thema zu haben, wäre mehr als lächerlich. Während sie darüber nachdachte, wie sie weitermachen sollte, wanderte ihr Blick an Shinya hinab. Zu seinen Füßen lag ein Schneeball beachtlicher Größe. Auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, dass Shinya alleine dahinter steckte, so wusste sie anhand der Spur im Schnee hinter dem Jungen doch genau, was er hier tat. "Und du baust also einen Schneemann?" Es tat ihr etwas leid, dass sie wieder einmal nicht auf Shinyas Worte einging und einfach das Thema wechselte. Doch was sollte sie groß dazu sagen? Es änderte nun mal nichts daran, dass sie nur das trug, was sie eben trug. Vielleicht würde sie aber wirklich darüber nachdenken, in Zukunft etwas mehr anzuziehen. Shinya zu liebe. Dieser Gedanke ließ ihr das Blut in den Kopf schießen, weshalb sich das Mädchen leicht auf die Unterlippe biss. Obwohl sie sich sicher war, dass das ziemlich dumm von ihr war, so konnte Selina es doch nicht leugnen, dass sie sich bereits jetzt einen gewissen Narren an Shinya gefressen hatte. Dass schlimmste dabei war aber, dass sie sich ziemlich sicher war, dass es in erster Linie daran lag, dass er nett zu ihr gewesen war. Etwas, was Selina schon lange nicht mehr von anderen erfahren hatte. Ihm deswegen aber gleich so zu verfallen zeigte nur, wie ungesund die vergangene Zeit für ihre Sozialkompetenz gewesen war. Sie musste vorsichtig sein, sonst würde sie sich mit dieser schlechten Angewohnheit schneller in Problemen wiederfinden, als ihr lieb war.

So sehr Shinya das Mädchen auch musterte, er konnte nicht einschätzen, ob sie ihn nun verstanden hatte oder nicht. Sie hatte einfach das Thema gewechselt, als würde sie es nicht weiter interessieren. Es war deutlich, dass irgendetwas mit ihr los war, auch wenn er es nicht benennen konnte. Fürs erste sollte er wohl aber dankbar dafür sein, dass sie nun über etwas so belangloses wie einen Schneemann sprachen. Hier musste sich Shinya zumindest nicht so viele Gedanken darüber machen, aus Versehen etwas falsches zu sagen. "Wir bauen einen Schneemann", bestätigte er ihre Frage, wobei er das Wir besonders betonte. Im nächsten Augenblick drehte er sich um, um auf seine Schwestern zu deuten, die in etwas Entfernung noch an ihren Kugeln arbeiteten. "Yuiko freut sich immer so über den Schnee und bevor in der ersten Pause alles zertrampelt wird, wollte sie die Zeit vor der Schule mit uns nutzen." Er zuckte mit den Schulter und lächelte dann breit. "Wenn du willst, kannst du uns gerne helfen. Ich bin mir sicher, dass Ayano auch eine Aufgabe für dich hätte." Wobei Shinya auch nichts dagegen hätte, seine Schneekugel an jemand anderes abzugeben. Die Frage war aber, ob Selina überhaupt gewillt war, so etwas zu machen, oder überhaupt etwas mit ihnen zu unternehmen. Nachdem das Mädchen gestern so fluchtartig verschwunden war, hatte er das Gefühl, dass sie es bereute, ihrer Unternehmen zugestimmt zu haben. Aber Einladen wollte er sie trotzdem.

Erst jetzt bemerkte Selina Shinyas Schwestern, die am Rande des Schulgeländes ebenfalls Bälle aus dem Schnee formten. Selina erinnerte sich daran, wie sie selbst mal einen Schneemann gebaut hatte und erschreckte gleichzeitig darüber, wie lange das bereits her war. Nachdem Maria sie zu sich genommen hatte, hatte sie schnell mit solchen Spielereien aufgehört. Nicht, weil die Frau es so erzwungen hatte. Viel mehr hatte Maria wohl einfach nicht mehr gewusst, das Kinder diese Art des Spieles mochten und Selina selbst hatte nie danach gefragt. Sie war einfach nur froh gewesen, endlich jemanden zu haben und hatte all das genossen, was Marie ihr geboten hatte. In erster Linie waren das Bücher und Geschichten gewesen, die sie ihr stetig erzählt hatte. Als sich ihr Blick wieder klärte und sie mit ihren Gedanken in die Gegenwart zurückkehrte, schaute sie Shinya irritiert an. Hatte sie das gerade richtig verstanden? Hatte er sie wirklich eingeladen, mit ihnen zusammen an einem Schneemann zu bauen? Shinya schien ihr wirklich nicht übel zu nehmen, was geschehen war. Oder er hatte es doch verdrängt. Aber konnte sie dann wirklich einfach so tun, als wäre nichts gewesen? Es kam ihr falsch vor, es dann nicht anzusprechen. Während sie nach ihrem Arm griff, senkte sie wieder ihren Blick. So gerne Selina auch ja gesagt hätte, sie war zu ehrlich, weswegen sie nach kurzem zögern leise zu sprechen begann. "Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist." Es kostete sie etwas Überwindung, doch schließlich sprach sie weiter und kam damit doch auf das Thema, das sie unter allen Umständen hatte vermeiden wollen. "Wegen gestern, ich..." In ihrem Kopf hatte das ganze einfacher geklungen, doch nun suchte Selina verzweifelt nach den passenden Worten.

Shinya verstand nicht, wie Selina nun darauf kam, dass es keine gute Idee sei, wenn sie mit ihnen einen Schneemann baute. Es dauerte einen Augenblick, ehe es in seinem Kopf klick machte. Sie bezog sich nicht darauf, dass sie eine Infizierte war, zumindest nicht direkt. Es ging ihr darum, was gestern geschehen war. Also hatte sich Shinya doch nicht geirrt und das ganze beschäftigte sie sehr. Eine Sache mehr, die deutlich machte, wie herzensgut dieses Mädchen war. "Mach dir keine Gedanken mehr darum. Was geschehen ist, ist geschehen. Mir geht es gut und ich bin mir sicher, dass du deine Gründe dafür hattest." Auch wenn Shinya gerne mehr in Erfahrung bringen würde, so musste es nun wirklich nicht jetzt sein. Es war mehr als deutlich, wie schwer Selina sich mit diesem Thema tat. Sie sollte einfach nur wissen, dass er es ihr nicht übel nahm. Mit einem Mal legte sich ein sanftes Lächeln auf seine Lippen. "Aber wenn ich dich damit verärgert habe, dann kann ich das verstehen." Vielleicht kam Selina mit einer kleinen Provokation ja eher aus sich raus und vergaß die Sache schneller. "Ich würde mich trotzdem darüber freuen, wenn du uns bei dem Schneemann hilfst. Und meine Schwestern sicher auch."

Es dauerte einen ganzen Augenblick, bis Shinya auf ihre Worte reagierte. Doch er reagierte, worüber Selina sehr froh war, da sie so nicht weitersprechen musste. Jedoch schaute sie bei seinen Worten überrascht auf. Allem Anschein nach schien er sich bestens an alles zu erinnern. Jedoch wirkte er nicht so, als würde es ihn groß interessieren, er tat es einfach ab. Es war zwar wirklich ein Unfall gewesen, von dem er glücklicherweise keinen Schafen genommen hatte, trotzdem konnte Selina es nicht wirklich glauben. "Nein." Perplex schaute sie den Jungen an, ehe sie wieder etwas ihrer Fassung zurück erlangte. "Nein, du hast mich nicht verärgert", sprach sie dieses Mal ruhiger weiter. "Viel eher dachte ich, dass du es mir übel nimmst", gestand Selina schließlich, wandte dieses Mal jedoch nicht ihren Blick ab. In ihrem Kopf rasten die Gedanken und sie begann ernsthaft darüber nachzudenken, Shinyas Angebot anzunehmen. Sie musste nicht einmal selbst mitbauen. Es würde dem Mädchen schon reichen, wenn es zuschauen und einfach dabei sein konnte. Doch durfte sie das wirklich annehmen? Ihr kam das alles beinahe wie ein Traum vor. Geradezu skeptisch tastete sie mit ihren Sinnen die Umgebung ab, doch es schien alles echt zu sein. Konnte sie wirklich glauben, dass sie so ein großes Glück hatte?

Wie erhofft, sprang Selina tatsächlich auf seine Provokation an. Sie erzählte sogar mehr, als Shinya erhofft hatte. Damit hatte er nun aber eine gute Übersicht, über die aktuelle Lage, was sein Lächeln weiterhin anhalten ließ. Sie war ihm nicht böse und er war ihr nicht böse. Dann war doch alles gut. Mit einem Mal fühlte sich der Junge so, als wäre eine große Last von seinen Schultern gefallen. Die Sache hatte ihn doch mehr beschäftigt, als er gedacht hatte. Nun war sie für ihn aber erst einmal erledigt. Er musste nicht einmal mehr Seinas Beweggründe für ihr Handeln wissen, schließlich konnte er es sich ja sowieso denken. Auch wenn es schade war, dass so etwas überhaupt ein solches Verhalten bei dem Mädchen auslöste. "Und wenn ich dir nun sage, dass ich es dir keineswegs übel nehme, hilfst du uns dann?" Er konnte nicht anders, als sich zu freuen. Es war offensichtlich, dass Selina nicht ablehnen würde, sonst wäre dieses Gespräch schließlich gar nicht erst soweit gekommen. Trotzdem wartete er mit einem leicht flauen Gefühl im Magen auf ihre Antwort. Dass er damit gerade irgendwie eine Freundschaft geschlossen hatte, war Shinya in diesem Augenblick nicht bewusst.

Ihre stille Frage wurde sogleich mit einer Gegenfrage des Jungen beantwortet. Selina sagte einen Augenblick gar nichts und ließ die Worte einfach auf sich wirken. Er nahm es ihr nicht übel. Shinya hielt wirklich das, was er gesagt hatte. Er konnte keine Ungerechtigkeit ausstehen. Doch war das auch der Grund, warum er Selina nun so nah an sich ließ? Irgendwie konnte sie sich das nicht so recht vorstellen, vielleicht war das aber auch nur ihr Wunschdenken. Verärgert schob sie diese unnötigen Gedanken weg. Was sollte das? Sie sollte einfach nur die Chance ergreifen und die Zeit so lange genießen, wie es möglich war. Selina war nicht der Typ für übermäßig viel misstrauen, auch wenn sie sich damit sehr angreifbar machte. Wenn sie jemanden nicht vertrauen konnte, dann konnte sie den Kontakt auch gleich unterlassen. Als Antwort nickte sie schließlich nur. Eine Antwort wäre ihr vermutlich nicht über die Lippen gekommen, da sich ein dicker Kloß in ihrem Hals gebildet hatte. Mit einem Mal begann ihr Herz zu rasen, als würde sie vor einer unüberwindbaren Prüfung stehen. Dabei sollte sie doch nur bei einem Schneemann helfen. Zusammen mit Shinyas Schwestern. Erneut schluckte das Mädchen. Sie war sich nicht sicher, ob die beiden wussten, was sie war. Doch wie konnte ihre Einstellung gegenüber Infizierten schon sein, wenn Shinya ihr großer Bruder war.

Dass ein einfaches Nicken ihn derart glücklich machen würde, hätte Shinya nicht gedacht. Doch gerade das war gerade der Fall. Selina hatte zugestimmt, bei dem Schneemann zu helfen, auch wenn er es nicht von dem Mädchen erwartete. Es würde ihm auch reichen, wenn sie ihnen einfach nur etwas Gesellschaft leistete. Beinahe etwas übermütig widmete er sich wieder seiner Kugel und begann sie zurück zu ihrem auserwählten Platz zu rollen. "Dann lass uns mal schauen, wie weit Aya und Yuiko schon sind." Vermutlich waren die beiden längst fertig, während er die Zeit mit seiner Unterhaltung vertrödelt hatte. Aber bis er zurück war, wäre sein Ball mit Sicherheit groß genug. Sofern seine Schwestern es nicht übertrieben hatten. Nachdem Shinya sicher gegangen war, dass Selina ihm auch wirklich folgte, legte der Junge einen Schritt zu. Vermutlich blieb ihnen nicht mehr allzu viel Zeit, bis die erste Glocke ertönen und sie damit in das Gebäude rufen würde. Hatte Shinya eben noch mit Sehnsucht auf dieses Signal gewartet, so hoffte er nun, dass es noch etwas dauern würde.

Während Ayano in beeindruckenden Tempo ihren Schneeball hatte wachsen lassen, hatte sie immer wieder einen Blick zu ihren Geschwistern geworfen, besonders aber zu Shinya, um zu sehen, wie weit dieser in ihrem Wettkampf war. Jedoch schien der Junge nicht sonderlich daran interessiert zu sein. Kaum hatte er sich von ihnen entfernt, hatte er aufgehört seine Kugel zu formen und sich stattdessen begonnen, sich mit jemandem zu unterhalten. Ayano brauchte nicht das Gesicht des Mädchens zu sehen, um zu wissen, dass es Selina war. Ihre, nur in Maßen vorhandene, Kleidung gab es weg. Sie war sich nicht sicher, ob sie sich ärgern oder freuen sollte, so dass ihre Gefühle einige Augenblicken zwischen diesen beiden Empfindungen schwankten, ehe die beiden zu ihnen zurück kamen. Einerseits ärgerte es sie, dass sich ihr Bruder so schnell ablenken ließ, wo er doch gerade etwas mit ihnen machte. Andererseits wusste sie, wie lächerlich diese Gedanken waren. Sie sollte sich freuen, dass Shinya tatsächlich Anschluss gefunden zu haben schien. "Guten Morgen, Selina", begrüßte sie das Mädchen, kaum dass es in Hörweite gekommen war. Sie konnte am wenigsten dafür, weswegen Ayano keinen Grund hatte, sie nicht zu leiden. Nach wie vor wirkte sie nett und Ayano wollte die letzte sein, die Shinya Steine in den Weg legte, wenn es darum ging, Freundschaften zu schließen. "Du bist ziemlich spät, was?" Dabei lächelte sie schief. Möglicherweise wohnte Selina ja etwas weiter weg, wo es nicht ganz so gut gestreut war. Oder ihr Bus kam tatsächlich einfach so spät.

Yuiko bemerkte den Neuankömmling erst, als Ayano ihn ansprach. Als sie aufschaute erblickte sie Selina. Das Mädchen, mit dem Shinya gestern zum Supermarkt gefahren war. Die hatte genauso wenig wie gestern an, weshalb das Mädchen sie geradezu anstarrte. Wieder kam ihr die Frage in den Kopf, ob die andere nicht fror. Ob sie vielleicht zu arm war, um sich dickere Kleidung zu kaufen. Dann wanderte ihr Blick zu Shinya. Sie wusste, dass er, würde sie selbst sich so kleiden, ordentlich mit ihr schimpfen würde. Bei Selina hingegen schien es in Ordnung zu sein. Natürlich war sie nicht seine Schwester, dennoch fand Yuiko das unfair. Sie hatte beinahe das Gefühl, als würde er das Mädchen bevorzugen. Zu schüchtern, etwas zu sagen, strich sie weiter ihre Schneekugel glatt und schaute währenddessen abwechselnd zwischen Shinya und Selina hin und her. Ayano hatte ihr gestern schon gesagt, dass es für Shinya wichtig sei, Kontakt mit anderen Menschen zu haben, trotzdem konnte Yuiko ein Gefühl der Eifersucht nicht vermeiden. Es war offensichtlich, dass er Selina mochte, sonst hätte er sie jetzt nicht mit hierher gebracht. Allerdings bedeutete das auch, dass sie vermutlich nun noch weniger Zeit mit ihrem großen Bruder haben würde.

Selina fühlte sich ungewohnt aufgeregt, als sie Shinya zu seinen Schwestern folgte. Da war sie selbst gestern, am ersten Schultag, entspannter gewesen. Sie war sich sicher, dass es daran lag, dass sie den Jungen ungern als Freund verlieren würde. Auch wenn sich diese Freundschaft noch entwickeln musste, so hatte sie doch ein gutes Gefühl. Seine Schwestern hatten mit Sicherheit aber einen gewissen Einfluss auf ihn, so dass sie sich ihnen möglichst gut präsentieren wollte. Ayano begrüßte sie beinahe überfröhlich und zeigte damit keinen großen Unterschied zu gestern. Was für Selina jedoch bedeutete, dass Shinya ihnen nichts von dem Vorfall gestern erzählt hatte. Sie war sich nicht einmal sicher, ob die Mädchen überhaupt wussten, dass sie eine Infizierte war. So egal Shinya das alles auch zu sein schien, so eine Information konnte er doch nicht verheimlichen, oder? "Guten Morgen, Ayano", entgegnete sie den Gruß und wandte sich dann an Yuiko. Diese durchbohrte Selina geradezu mit ihren Blicken, was das Mädchen etwas stutzig werden ließ. Sie war sich nicht sicher, was sie hatte, entschied sich aber dazu, nicht weiter darauf einzugehen und begrüßte sie ebenfalls. "Guten Morgen, Yuiko." Auch wenn sie nicht dabei lächelte, so freute sich Selina doch, mal wieder etwas Kontakt zu anderen zu haben. "Ich wohne in Kovor, die Busse da fahren entweder sehr früh oder eben etwas später." Und auch wenn Selina nicht auf den Schlaf angewiesen war, so hatte sie doch wenig Lust, ewig lang an der Schule zu warten.

Während Ayano nach wie vor von Selina begeistert zu sein schien, entging Shinya nicht der Blick seiner jüngeren Schwester. Yuiko durchbohrte Selina geradezu mit ihren Blicken und Shinya fragte sich ernsthaft, was gerade in ihrem Kopf vor sich ging. Yuiko war keine Person, die einen anderen Menschen grundlos ablehnte. Und doch war offensichtlich, dass sie irgendetwas zu bedrücken schien. Für den Augenblick beließ der Junge es aber dabei und wandte sich wieder Selina zu. "Dann sind die Straßen dort auch geräumt?" Ein wenig überraschte Shinya es schon. Kovor lag etwas außerhalb der großen Stadt. Sowohl in Napolia, als auch dort schienen die Straßen trotz des heftigen Schneefalls geräumt zu sein. Die Stadt schien sich wirklich Mühe zu geben, damit es zu keinen Verzögerungen oder Ausfällen kam. "Ich hatte erwartet, dass es heute morgen zumindest zu etwas Chaos kommen würde", merkte er nachdenklich an. Das war es, was er aus seiner alten Heimat kannte. Schließlich schüttelte er den Gedanken aber ab. Sein Blick wanderte zu seinen Schwestern, die für den Moment ebenfalls die Arbeit an ihren Schneekugeln eingestellt hatten. Wenn sie noch vor der ersten Stunde fertig werden wollten, dann sollten sie sich vermutlich beeilen.

"Das können sie sich bestimmt nicht erlauben", merkte Ayano in einem abfälligen Tonfall an. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, warum alles so fein säuberlich geräumt war, auch schon zu dieser frühen Stunde. Es sollte nicht nur zu keinen Ausfällen kommen, sondern vor allem sollte die Infizierten keine Möglichkeit haben, ein solches Chaos ausnutzen zu können. Etwas anderes konnte es kaum sein. Selbst in den größten Städten gab es immer irgendwelche Straßen, die vernachlässigt oder erst später gemacht wurden. Das schien hier nicht der Fall zu sein. Verärgert knirschte Ayano mit den Zähnen, atmete einen Augenblick später dann aber etwas ruhiger aus. Sie sollte sich nicht so unnötig über solche Kleinigkeiten aufregen. Etwas gutes hatte das ganze immerhin. Sie war pünktlich zur Schule gekommen. Etwas, was sie heute morgen noch für unmöglich gehalten hatte. "Wie auch immer. Sollen wir den Schneemann noch eben zusammen setzen? Oder wollt ihr ihn so zerstückelt hier bis zur Pause liegen lassen?" Bei ihren Worten grinste das Mädchen breit. Die Vorstellung war lustig, doch bei all den Bauwerken, die mittlerweile auf den Schulhof entstanden waren, konnte sie ihn nicht so lassen. Das meiste waren ebenfalls Schneemänner, oder einfache Schneeklumpen, in die Zweige oder Steine gesteckt worden waren. Ihr Schneemann würde mit Abstand der schönste sein. Deswegen musste er auch bis zur Pause fertig sein, damit jeder ihn sehen konnte. Auch wenn Ayano sich beinahe sicher war, dass er nicht lange überleben würde.

Während die anderen über die Busse und den Schnee sprachen, widmete sich Yuiko wieder ihrer Schneekugel. Sie strich den Kopf glatt und versuchte ihn dabei möglichst rund zu formen. Als sie schließlich zufrieden mit dem Ergebnis war, schaute sie zu den anderen beiden Teilen des Schneemanns. Ayanos Kugel war enorm groß und ebenfalls bereit zum Zusammenbauen. Lediglich Shinyas Kugel wirkte noch zu klein, im Vergleich zum Fußteil. "Shinya. Denkst du wirklich, dass diese Kugel würdig genug ist, um in unseren Schneemann gebaut zu werden?" Dabei verschränkte das Mädchen seine Arme und schaute den Jungen vorwurfsvoll an. Er war doch sonst nicht so unaufmerksam, weswegen ihr Blick wieder zu Selina neben ihm wanderte. Ayano hatte gesagt, dass Shinya Freunde neben ihnen bräuchte und dass sie deswegen froh sein sollten, wenn er sich mit Selina verstehen würde. Auch wenn das bedeutete, dass er weniger Zeit mit ihnen verbringen würde. Ayano war sich nicht sicher, ob sie sich unter diesen Umständen für ihren Bruder freuen konnte. Aber was, wenn er damit wirklich glücklicher war? Ihr Blick wanderte wieder zurück zu Shinya.