Supermarkt

Hier kann man allerlei an Lebensmitteln, Haushaltsgeräten, Büchern und vielem mehr kaufen. Die Eingänge sind mit Vampir-Kameras ausgestattet.

[Shinya und Selina cf: Neustadt, Parkplatz]

Verdutzt schaute Selina dem Jungen hinterher. Nicht nur schien er ernsthaft weiterhin bei ihr bleiben zu wollen, sondern betrat auch einfach den Laden. Noch während sie sich fragte, wie genau sie Shinya nun neugierig gemacht hatte, immerhin hatte sie doch gar nichts besonderes gesagt, folgte sie dem Jungen, ehe sie ihn noch aus den Augen verlor. Sie kannte das folgende Prozedere nur allzu gut. Auch wenn sie noch nicht sehr lange in Napolia wohnte, so war Selina schon oft genug einkaufen gewesen, um es wirklich zu hassen. Kaum dass sie den Laden betreten hatte, war ein kurzer aber lauter Piepton zu hören, der nicht nur den Blick des Infopersonals, sondern auch den vieler Mitkunden auf sie richten ließ.

Selina hatte es sich bereits angewöhnt ihren Blick zu senken, um niemanden sehen, oder im schlimmsten Fall auch noch direkt anschauen zu müssen. Die abfälligen und keineswegs leisen Bemerkungen hörte sie leider aber trotzdem noch allzu deutlich. Nur mit Mühe widerstand sie dem Drang, noch näher an Shinya heranzutreten, immerhin wusste sie nicht, wie unangenehm ihm das ganze war, beziehungsweise, wie sehr er gerade selbst darunter litt. Sie war froh, wenn sie erst einmal durch den Eingangsbereich durch war und dann etwas mehr Ruhe hatte. Auch wenn sie bei so manchem Einkauf das Gefühl nicht los wurde, dass sie durch den ganzen Laden verfolgt wurde, und bis zum Schluss als Aussätzige behandelt wurde.

Wie immer waren nach dem Piepsignal alle Blicke des Personals und viele der Kunden auf den enttarnten Infizierten, in diesem Fall also Selina, gerichtet. Nur kurz darauf waren die üblichen Anmerkungen zu hören, die Shinya heute noch mehr gegen den Strich gingen, als sonst schon. Am liebsten hätte er das Mädchen irgendwie verteidigt, aber ihm war klar, dass das nichts bringen würde. Stattdessen blieb er kurz stehen, so dass Selina neben ihm herging. Er wusste nicht, was er ihr sagen sollte, also schwieg er und konzentrierte sich stattdessen auf die Blicke, die nun erst recht auf ihm lagen. Besonders das Personal, von dem er mindesten eine Frau kannte, die mit in seiner Schicht arbeitete, schaute ihn mehr als verwirrt an. Sie wussten, dass er ein Mensch war und gerade das schien in diesem Augenblick ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.

Nachdem sie den Eingangsbereich hinter sich gelassen hatten, blieb Shinya stehen und schnappte sich einen der Einkaufskörbe. Das war wirklich nichts, dass er regelmäßig erleben wollte, besonders da er wusste, dass es teilweise noch schlimmer sein konnte. "Da bin ich mal gespannt, was ich mir nachher anhören darf." Leicht grinsend musterte er das Mädchen, das seinen Blick nach wie vor auf den Boden gerichtet hatte. Am liebsten hätte er sie irgendwie getröstet, immerhin wirkte sie gerade so verletzlich. Allerdings wusste er nicht so recht, wie er dies anstellen sollte, also versuchte er sie einfach auf andere Gedanken zu bringen.

Sie konnte es kaum glauben, als sie spürte, wie Shinya neben sie trat. Der Junge stand tatsächlich zu ihr, obwohl sie hören konnte, dass er sich dadurch ebenfalls ein paar abfällige Bemerkungen einfing. Wieso machte er das nur für sie? Als er dann im Laden stehen blieb, tat Selina es ihm gleich und schaute nun auch endlich wieder auf. Der Junge lächelte sie tatsächlich an und sie fragte sich, wie er so locker bleiben konnte. "Du wirst doch nicht etwa Ärger bekommen?" Sie wusste ja nicht, wie es unter den Angestellten zu sich ging. Aber das Letzte, was sie wollte war, dass er ihretwegen Stress auf der Arbeit bekam, oder vielleicht sogar gefeuert wurde.

Da sie aber auch hier nach wie vor beobachtet wurden, immerhin waren sie gerade deutlich für die Kunden in diesem Bereich zu sehen gewesen, setzte sich Selina wieder in Bewegung. Sie ging davon aus, dass Shinya den Korb für ihre Einkäufe genommen hatte und ihr auch weiterhin folgen würde. Auch wenn sie sich Sorgen wegen des Jungen machte, so freute sich doch ein Teil in ihr, dass sie nun nicht alleine hier sein musste und sich zudem in netter Gesellschaft befand. So waren die unangenehmen Blicke, mit denen sie bedacht wurde, wesentlich einfacher zu übergehen.

"Tja, vielleicht." Shinya zuckte lediglich mit den Schultern, während er sich wieder in Bewegung setzte, um dem Mädchen durch den Laden zu folgen. Natürlich wäre es alles andere als gut, wenn er seinen Job verlor, oder mit noch mehr Problemen zu kämpfen bekam. Allerdings verstand er nicht, warum dies geschehen sollte. Natürlich wusste er, wie ein Großteil des Personals über Infizierte dachte, aber ihn deswegen zu bestrafen, weil er mit einer unterwegs war, schien ihm dann doch etwas drastisch. Und falls es doch so weit kommen sollte, so war Shinya diesen Preis bereit zu zahlen. Zwar sah er sich nicht als Kämpfer, wie es bei Ayano der Fall war, aber er war doch jemand, der sich für Gerechtigkeit einsetzte. Und wenn er sonst nichts sagte, irgendwo gab es dann doch seine Grenzen.

"Mach dir keine Sorgen darum. Wenn das ernsthaft ein Grund ist, dann sollte ich mir wohl doch lieber eine andere Stelle suchen, oder?" Er lächelte das Mädchen, welches leicht vor ihm ging, an. Zwar waren Arbeitsstellen gerade eher Mangelware, aber mit seinen Qualifikationen, würde er schon wieder etwas kleines finden. "Aber jetzt mal zu etwas anderem, frierst du nicht?", wechselte er schnell das Thema und gab damit gleichzeitig seiner Neugierde nach. Shinya fror schon bei dem bloßen Anblick des Mädchens, aber er konnte nicht mal die geringste Spur einer Gänsehaut auf dessen Haut ausmachen. Vermutlich hatte das etwas mit ihrem Dasein als Infizierte zu tun, zumindest konnte es sich der Junge nicht anders erklären.

Selina konnte es ernsthaft nicht glauben, was sie da gerade hörte. Shinya war offensichtlich kein Kämpfer und trotzdem war er derart nett. Das Mädchen konnte nicht anders, als ein leichtes Lächeln zu erwidern. Sollte sie ernsthaft glauben, dass sie in dem Jungen einen Freund finden konnte? Es wäre definitiv in ihrem Interesse, doch wusste Shinya, worauf er sich dabei einließ? Sie wollte nicht, dass er ihr später an irgendetwas die Schuld gab. Der folgende Themenwechsel kam Selina nur recht. Wusste sie doch nicht wirklich, was sie noch weiter darauf erwidern sollte. Mehr als hoffen,dass Shinya ihretwegen nun keinen Ärger bekam, konnte sie auch nicht.

Erst bei seiner Frage erinnerte sich das Mädchen wieder daran, dass es doch sehr dünn angezogen war. "Nein, nicht wirklich." Das war wirklich einer der Vorteile, dass sie nicht so schnell fror. Natürlich konnte sie frieren, aber dafür musste es schon sehr kalt werden. Und da sie sowieso überall auffiel, w sie hin ging, machte sie sich gar nicht erst die Mühe, etwas dickeres anzuziehen, um den Schein zu waren. Jacken waren immer so furchtbar einengend und passten nur selten auf die kurzen Röcke, die das Mädchen so gerne trug. "Da muss es noch etwas kälter werden."

Noch einmal etwas ausgiebiger, ließ Shinya seinen Blick über das Mädchen schweifen. Ihre Kleidung bedeckte nur einen geringen Teil ihres Körpers, was ihre Worte unglaubwürdig erscheinen ließ. Immerhin lag draußen Schnee, das war doch ein gutes Zeichen, dass es kalt genug war. Trotzdem glaubte er Selina, dass sie tatsächlich nicht fror. Ein bisschen beneidete er das Mädchen deswegen schon. "Liegt es daran, dass... du eine Infizierte bist?" Es war seltsam dieses Wort auszusprechen und Shinya hoffte, dass das Mädchen nichts dagegen hatte. "Warum tragen die anderen dann Jacken oder so?" Das andere Mädchen in ihrer Klasse hatte immerhin eine dabei gehabt. Vielleicht war Selina auch nur einfach besonders hart im Nehmen.

Nach wie vor den Korb haltend, in der Hoffnung so tatsächlich dem Mädchen helfen zu können, folgte er Selina weiterhin durch den Supermarkt. Langsam fragte er sich, was sie überhaupt alles kaufen wollte, hatte sie bis jetzt immerhin noch nichts eingepackt. Er wurde das Gefühl nicht los, dass er sie tatsächlich mit seinem Gespräch vom Einkauf ablenkte und sie gerade eher ziellos durch den Laden schlenderten.

Nun war Shinya doch eindeutig neugierig, aber wer konnte ihm das verübeln? Bei Selina war es nicht anders gewesen, als sich Maria ihr offenbart hatte. Trotzdem war es ihr nun etwas unangenehm darüber zu reden. Auf seine erste Frage nickte das Mädchen nur kurz. "Entweder frieren sie schneller als ich, oder sie wollten einfach nicht zu sehr auffallen." Sie wusste, dass Infizierte unterschiedlich empfindlich Temperaturen gegenüber waren, aber viele auch einfach möglichst unerkannt bleiben wollten. Leider kannte Selina nicht allzu viele andere Infizierte, um das wirklich benennen zu können. "Ich mag es einfach nicht, wenn mein Outfit zerstört wird", gestand sie und blieb dann vor einem der Regale stehen.

Gerade war sie noch so mit dem unwohlen Gefühl in ihrem Inneren beschäftigt gewesen, dass Selina an den ersten Sachen einfach vorbei gelaufen war, wie immer. Sie hatte es sich angewöhnt, erst später wieder an den Eingangsbereich zurückzukehren, wenn die meisten Kunden sie nicht mehr als Infizierte erkannten. Dass sie nun aber Shinya dabei hatte, der dies mit Sicherheit bemerken würde, ließ ihr das ganze etwas unangenehm sein. Sie nahm sich zwei Päckchen Nudeln und legte sie vorsichtig, darauf bedacht Shinya nicht zu berühren, in den Korb, den dieser hielt. Es war merkwürdig, mit jemand anderem als Maria einkaufen zu sein, vor allem, da er so hilfsbereit war.

Die Begründung, warum Selina es in Kauf nahm, möglicherweise doch zu frieren, erschien Shinya etwas seltsam. Aber letztendlich war es ihre Entscheidung, und er war wohl der letzte, der diese anzweifeln würde. Interessant war es alle male, wieder etwas über Infizierte zu erfahren. Das waren alles Sachen, die man in den Medien vermutlich nicht erfuhr, immerhin konnte man die Infizierten so nicht als gefährliche Monster darstellen. Etwas in Gedanken folgte er weiterhin dem Mädchen, das nun doch endlich etwas einpackte. "Holst du keine frischen Sachen?", rutschte ihm die Frage heraus, als den Nudeln noch weitere abgepackte Lebensmittel folgten. Shinya kochte hauptsächlich für seine Geschwister und sich und wusste daher, wie wichtig frische Lebensmittel waren. Dass jemand ohne diese, und auch wenn es sich dabei um einen Infizierten handelte, lebte, konnte sich der Junge nicht vorstellen.

Sie waren mittlerweile fast bei den Kassen angelangt und hatten so ziemlich alles, außer die Obst und Gemüseabteilung am Anfang abgeklappert. Shinya fragte sich, ob er sich nun anstellen sollte, oder ob Selina tatsächlich die Sachen am Anfang vertrödelt hatte. Tatsächlich war es ansonsten aber ein vollkommen normaler Einkauf, den Shinya nicht mal nach Selinas Worten vorhin, dass sie auch essen musste, erwartet hätte. Ein wenig schämte er sich wegen dieses Gedanken schon, musste er dadurch immerhin feststellen, dass er sich tatsächlich einige Vorurteile durch sein Umfeld angeeignet hatte.

Tatsächlich lenkte die Anwesenheit des Jungen sie soweit ab, dass Selina die anderen Menschen um sich herum fast vergaß und den Einkauf unglaublich entspannt hinter sich brachte. Bis Shinya sie nach den frischen Lebensmittel fragten, was sie etwas verlegen werden ließ. "Ähm, doch. Ich musste noch einmal nach vorne." Aber auch das war nicht ansatzweise so unangenehm, wie erwartet. Shinyas aufmerksames Verhalten erleichterte es dem Mädchen ungemein, worüber es mehr als froh war. Sie packte noch die letzten Sachen in den gut gefüllten Korb und schließlich waren sie wieder auf dem Weg zur Kasse, wo sie sich dieses Mal auch anstellten. Dort packte Selina noch zwei Päckchen der Vampirpille, dir dort gut sichtbar für alle, so dass man sofort wusste, wer ein Vampir war, lag, ein.

Dass sie es damit so aussehen ließ, als wäre Shinya ebenfalls ein Infizierter, wurde dem Mädchen erst klar, als ihr die misstrauisch, ablehnenden Blicke der Kassiererin, die zwischen ihr und Shinya hin und her schwankten, auffielen. Schließlich blieb der ungläubige Blick an dem Jungen hängen und Selina fiel erneut ein, dass Shinya hier arbeitete, vermutlich von dem ein oder anderen gekannt wurde und eventuell keine Möglichkeit zur Klärung eines Missverständnisses bekommen würde, sollte er deswegen Ärger bekommen. Unsicher schaute das Mädchen zu Shinya.

Bei Selinas verlegener Reaktion konnte sich der Junge ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Da sich das Mädchen jedoch schon umgedreht hatte, um zur Gemüse und Obstabteilung zu gehen, konnte sie das nicht sehen. Während er neben Selina laufend durch den Laden ging, musste er feststellen, dass sie doch irgendwie süß war. Als er seinen Gedanken realisierte schob er ihn schnell beiseite. An so etwas sollte er überhaupt nicht denken, immerhin kannte er Selina erst seit ein paar Stunden. Als sie dann noch das frische Essen hatten, trug Shinya den mittlerweile sehr schweren Korb zur Kasse.

Dort packte Selina zwei dieser Vampirpillen ein. Shinya hatte nur sehr selten jemanden diese Teile kaufen sehen, das Mädchen gehörte scheinbar zu diesen Personen. Irgendwie beruhigte ihn diese Tatsache. Verlegen über diesen Gedanken, der ihm mal wieder deutlich machte, wie beeinflusst er doch durch seine Umgebung geworden war, schaute er auf das Fließband, auf das er eben noch den Einkauf gelegt hatte. Dadurch bemerkte der Junge zuerst nicht den stechenden Blick der Kassiererin, die er nur vom sehen her kannte. Irritiert schaute er erst die Frau und dann Selina an, die seinen Blick unsicher erwiderte. "Was ist denn?" Er stellte die Frage so laut, dass auch die Kassiererin mithören konnte. Er hatte das Gefühl, als hätte er etwas wichtiges verpasst.

Selina konnte es nicht glauben, dass der Junge so gar nicht verstand, was gerade los war. Dadurch wurden ihre Schuldgefühle nur noch stärker. Vermutlich war es besser, wenn sie sich nicht mehr mit Shinya blicken lassen würde. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass das keine gute Idee war. "Tut mir leid, das hätte ich nicht zulassen sollen." Sie sprach nicht ganz so laut wie der Junge und wisch dabei seinem Blick aus. Ohne eine weitere Erklärung drehte sie sich um, um davon zu laufen.

So musste sie den Einkauf zwar später noch mal machen, aber vielleicht sorgte sie so dafür, dass sich dieses Missverständnis von selbst klärte. Sie konnte es unmöglich verantworten, dass Shinya ihretwegen Ärger bekam oder gar gekündigt wurde. Immerhin hatte er ihr ja erzählt, wie wichtige dieses Einkommen hier für ihn und seine Familie war.

Anstatt aufgeklärt zu werden, wurde Shinya nur noch mehr verwirrt. Als sich Selina auf einmal umdrehte und Anstalten machte davon zu laufen, handelte er aus Reflex. Ohne darüber nachzudenken, griff er nach ihrem Arm, um sie festzuhalten. "Jetzt warte doch, ich..." Er kam nicht dazu, weiterzusprechen, da ihn auf einmal eine starke Energie durchströmte, die ihm geradezu den Atem nahm. Ehe sich der Junge versah, sackten ihm seine Beine zusammen und er fiel zu Boden. Dabei ließ er automatisch auch das Mädchen wieder los.

Sofort ließ die Energie nach. Trotzdem fühlte er sich nicht in der Lage etwas zu sagen oder gar aufzustehen. Mit geschlossenen Augen blieb er am Boden liegen und wartete darauf, dass sich sein Körper etwas von diesem Angriff erholte. Das war also die Bedrohung eines Infizierten, von der immer gesprochen wurde. Das alleine eine einfache Berührung eine solche Wirkung hatte war beängstigend. Was für eine Macht Selina damit ausüben könnte, hätte er niemals glauben können. Und eigentlich konnte er es auch jetzt, nachdem er es selbst gespürt hatte, noch nicht.

Damit, dass Shinya sie anfassen würde, hatte Selina nicht gerechnet. Ehe sie sich versehen konnte, brach der Junge zuckend zusammen und blieb reglos am Boden liegen. Erschrocken schaute sie zu ihm herunter. Nur im Augenwinkel bemerkte sie den alarmierten Blick der Kassiererin. Wie hatte dieser bisher so schöne Einkauf so schnell so schrecklich werden können? Zumindest dürfte die Frau so den Beweis haben, dass er kein Infizierter war. Hoffentlich genügte das, damit er keinen Ärger bekam. "Bitte kümmern sie sich um ihn", bat sie die Kassiererin, ehe sie einfach die Kasse verließ und zum Ausgang eilte.

Ohne einen Blick zurück zu werfen, verließ sie den Supermarkt ohne Einkauf und machte sich auf den Weg zu nach Hause. Das erste Stück rannte sie, möglichst nicht allzu schnell, um nicht noch mehr aufzufallen. Gerade wollte sie einfach nur unsichtbar sein und ihre Ruhe haben. Da kam sie mal mit einem Menschen in Kontakt und dann musste sie gleich alles so kaputt machen. Sie war sich sicher, dass Shinya morgen kein Wort mehr mit ihr reden würde. Auch wenn sie es ihm nicht zutrauen würde, so würde es sie auch nicht wundern, wenn er sich sogar auf die Seite der Mobber schlug und allen erzählte, was sie doch für ein Monster war. Geradezu wütend stieg sie in einen Bus, der nach Kovor fuhr.

[Selina gt: Kovor, Selinas und Marias Häuschen]

Shinya war nicht sehr lange ohnmächtig geworden. Doch als er wieder zu sich kam, lag er nicht nur wo anderes, auch Selina war nirgends mehr zu sehen. Darum konnte er sich nun aber keine Gedanken machen. Um ihn herum wuselten mindestens drei Leute, von denen ihn einer unsanft an der Schulter rüttelte. Kaum hatte er seine Augen geöffnet, wurde jedoch von ihm abgelassen, so dass er sich aufrichten konnte. Sein Körper fühlte sich immer noch etwas schwach an, so dass er erst einmal sitzen blieb. "Was ist passiert?" Seine Stimme klang nicht ansatzweise so sicher, wie es sonst der Fall war. Nur langsam kamen seine Erinnerungen daran zurück, dass er Selina angefasst hatte.

"Der Vampir mit dem du unterwegs warst hat dich angegriffen", erklärte ihm eine Frau, die er zwar kannte, aber deren Namen ihm entfallen war. Ihr misstrauischer Blick entging Shinya jedoch nicht. "Wir dachten zuerst dass du auch so einer bist." Der Junge legte die Stirn in Falten. "Das hättet ihr ja wohl gemerkt." Immerhin waren diese Kameras überall. "Das war ein Mädchen aus meiner Klasse... Ist ne lange Geschichte." Er strich sich kurz über den Hinterkopf, den er sich bei seinem Sturz scheinbar gestoßen hatte. Dass seine Antwort nicht sonderlich überzeugend klang, merkte der Junge, als er in die Gesichter der Mitarbeiter schaute. Gerade war ihm das aber ziemlich egal.

"Wann fängt meine Schicht an?", fragte er nach, während er sich langsam aufrichtete. Diese Berührung hatte es wirklich in sich gehabt. "Shinya, geh lieber nach Hause für heute, du siehst gerade nicht sonderlich fit aus." Es war einer der Jungs, die er besser kannte und der ihn nun besorgt anschaute. Eigentlich würde er niemals die Arbeit schwänzen, doch gerade fühlte er sich wirklich nicht imstande, noch eine ganze Schicht durch zuarbeiten. "Na gut, wenn du meinst. Ich geh noch zum Leiter." Nach wir vor etwas benebelt machte er sich auf den Weg zum Schichtleiter, um sich für heute abzumelden.

Danach nahm er sich den nächsten Bus nach Hause und kam dort kurze Zeit später auch an. Mittlerweile war es zwar dunkel, trotzdem war er einige Stunden früher Daheim, als er und vor allem auch seine Schwestern gewohnt waren. Nach kurzem Zögern, in dem er eine passende Mimik zu finden versuchte, schloss er die Haustür auf.

[Shinya gt: Napolia: Neustadt, Wohnung der Familie Kuza]