Haus von Lucas Familie und Ren

Luca wurde durch das nervige Piepen seines Weckers aus dem Schlaf gerissen. Dieses Geräusch hatte er die letzten Wochen wirklich nicht vermisst. Als er ihn ausschalten wollte, stieß er mit seinem Arm gegen etwas neben sich. Ach ja, Ren hatte die Nacht bei ihm im Bett geschlafen. Auch wenn sie sich ein Zimmer teilten, hatten beide ihr eigenes Bett. Wenn Ren aber besonders unruhig war, durfte er bei ihm im Bett schlafen, Luca hatte kein Problem damit. Nach der Sache damals hatte er lange Zeit gar nicht mehr alleine schlafen wollen. Da heute der erste Schultag war, konnte er gut verstehen, dass sein Freund nervös war. Sogar er selbst war ein bisschen aufgeregt, auch wenn er keine wirkliche Angst hatte, immerhin war es nur Schule.

Schnell schaltete er den Wecker aus und rüttelte Ren dann leicht an der Schulter. "Hey du Schlafmütze, aufwachen." Dafür, dass er gestern noch so aufgeregt gewesen und ewig nicht eingeschlafen war, schlief er jetzt wie ein Stein. Luca konnte sich ein Kichern nicht verkneifen und stand schließlich auf. Er konnte ihn auch noch etwas schlafen lassen. Er schnappte sich seine Kleider und verschwand dann im Badezimmer um zu duschen und sich fertig zu machen. Es war noch verdammt früh, scheinbar waren noch nicht einmal seine Eltern wach. Morgens brauchte er einfach viel Zeit. Auch wenn er schnell aus dem Bett kam, brauchte er eine Weile um richtig wach zu werden.

Ren war sich nicht so sicher, was ihn geweckt hatte, aber als er aufwachte, lag er alleine in seinem Bett. Es war dunkel, aber aus dem Badezimmer war die Dusche zu hören. Also war Luca schon aufgestanden, was ihn wohl auch geweckt hatte. Er setzte sich auf und strich sich mit der Hand durch die Haare. Ach ja, er war nicht in seinem Bett, sondern in Lucas. Seit seine Eltern getötet worden waren, mochte er es nicht, alleine zu schlafen und sein Freund war so nett, ihn bei sich schlafen zu lassen, wenn er zu nervös war. Auch jetzt begann sein Herz wieder schneller zu schlagen, alleine bei dem Gedanken, dass er gleich wieder in die Schule musste, er war wirklich lange nicht mehr dort gewesen.

Da das Badezimmer sowieso belegt war und Luca morgens generell immer sehr lange brauchte, legte sich Ren wieder hin und kuschelte sich in die warme Decke. Einschlafen würde er nun nicht mehr können, dafür war er wieder zu aufgeregt, aber immerhin konnte er noch etwas die Wärme genießen, bevor er raus in die Kälte musste. Er schaute aus dem Fenster, doch es war noch zu dunkel, als dass er sonderlich viel hätte erkennen können. Vermutlich war es auch noch dunkel, wenn sie los gingen. Gerade im Winter hatte man nicht sehr viel vom Tag. Mit dem Versuch doch etwas mehr als Schatten zu erkennen, lenkte er sich etwas von seinen negativen Gedanken ab.

Luca ließ sich wirklich alle Zeit der Welt im Bad. Aber spätestens als seine Mutter vor der Tür stand, musste er schnell fertig werden. Unglücklicherweise hatten sie in diesem recht kleinen Haus nur ein Badezimmer, so dass es hier vor allem morgens sehr eng werden konnte. "Wie kann man nur so lange brauchen?" Wurde er von seiner Mutter begrüßt, als er die Tür öffnete. "Ist Ren schon wach? Das Frühstück ist schon vorbereitet. Am besten ihr beeilt euch etwas." "Oh, danke Mama." Er lächelte kurz und huschte dann schnell an ihr vorbei zurück in sein Zimmer. Was schob die denn am frühen Morgen schon so einen Stress? So lange hatte er nun wirklich nicht herum getrödelt. Aber Ren musste mit Sicherheit auch noch mal ins Bad, das nun erst mal besetzt war.

Er öffnete seine Zimmertür nicht mehr so leise wie vorhin und schaltete das Licht ein. Es überraschte ihn nicht, dass Ren ihn mit zusammengekniffenen Augen unter der Bettdecke hervor anschaute. Ein Lächeln huschte über Lucas Lippen. "Tut mir leid", entschuldigte er sich und blieb an der Tür stehen. "Wenn du nicht aufstehst, esse ich eben alleine." Erst danach fiel ihm auf, dass das nicht gerade eine Aufforderung für den anderen zum Aufstehen war. Er konnte sich vorstellen, dass Ren keinen sonderlich großen Hunger hatte, aber er würde ihn schon irgendwie zu etwas Essen zwingen, und wenn es nur ein Bissen war.

Obwohl Ren mehr als nur wach war, hatte er weder Lust aufzustehen, noch etwas zu frühstücken. Einen Moment schaute er Luca einfach nur an, bis er sich an das helle Licht gewöhnt hatte. Allerdings kannte er seinen Freund gut genug um zu wissen, dass er ihn nicht einfach hier liegen lassen würde. Also setzte er sich grummelnd auf und schnappte sich seine Augenbinde, die neben dem Wecker lag, um sie aufzuziehen. Luca war wohl der einzige Mensch, dem er es gestattete sein Auge zu sehen. Seinen Eltern hingegen, so dankbar er ihnen auch war, wollte er diesen Anblick ersparen. "Ist ja gut, ich komme schon", murmelte er schließlich und folgte Luca in die Küche. Es war bereits Gedeckt und er hatte die Wahl zwischen Brot und Müsli.

Er entschied sich für das Brot, da er mögliche Reste noch mit in die Schule nehmen konnte. Und tatsächlich aß er gerade mal die Hälfte. Als Lucas Eltern dann noch kamen, ging er ins Bad um noch schnell zu duschen. Es war nicht so, dass er den beiden auswich, aber wenn er und Luca sich anschwiegen war das etwas normales, sie kannten sich schon so lange, dass sie nicht immer reden mussten. Und auch wenn seine Eltern sehr verständlich waren und ihn nicht zum Reden zwangen, so fühlte er sich trotzdem oft unwohl. Außerdem war das Bad gerade frei. Nachdem er fertig war, machten sie sich auch schon auf den Weg zur Bushaltestelle, obwohl sie noch etwas Zeit hatten. Da es von Kovor doch eine Weile zur Stadt dauerte, waren sie leider auf dieses Verkehrsmittel angewiesen.

Luca war froh, dass Ren zumindest ein kleines bisschen gegessen hatte. Spätestens in der Schule, wenn seine Nervosität nachlassen würde, würde er sowieso noch genug essen. Nachdem sein Freund auch fertig war, verabschiedeten sich und gingen zur Haltestelle. Sie hatten noch etwas Zeit, aber etwas frische Luft würde Ren sicher gut tun. Das einzige, was ihm nicht gefiel, war die Tatsache, dass sie ihre Waffen nicht mitnehmen konnten. Er konnte zwar das Verbot an der Schule verstehen, aber gleichzeitig unternahm diese auch nichts, um die Schüler zu schützen. Aber das Verbot würde sowieso nicht aufgehoben werden, als brauchte er sich auch gar nicht erst weiter aufzuregen.

An der Bushaltestelle warteten sie schweigend auf ihren Bus. Er war es schon gewohnt, dass Ren nicht mehr sonderlich gesprächig war. Aber immerhin verbrachten sie auch fast jede freie Sekunde miteinander, da war es nur klar, dass man irgendwann nicht mehr so viel zu reden hatte. Dieses Schweigen war durchaus auch sehr angenehm, auch wenn er im Moment gerne etwas für seinen Freund getan hätte, dessen Nervosität deutlich zu spüren war. Stattdessen kuschelte sich Luca enger in seinen Mantel, der glücklicherweise sehr warm hielt. Schließlich kam ihr Bus und es waren doch einige Leute, und nicht nur Schüler, die einstiegen um nach Napolia zu fahren. Dann ging es wohl jetzt los.

[Ren und Luca gt: Napolia Hochschule, Schulhof]

[Luca und Ren cf: Neustadt, Stadtpark]

Die Heimfahrt über und auch den restlichen Weg nach Hause, hatten die beiden Jungen geschwiegen. Ren war mittlerweile dazu übergegangen, sich einfach nur auf sein Bad zu freuen. das er gleich nehmen würde. Es war noch früher Nachmittag, so dass sie nun alleine in dem Haus waren. Lucas Eltern würden erst am Abend nach Hause kommen, so dass er sich wirklich alle Zeit im Badezimmer nehmen konnte. "Ich wollte baden gehen", sagte Ren, nachdem sie ihre Taschen im Zimmer abgestellt hatten. Luca würde wohl kaum was dagegen haben, trotzdem wollte er seinem Kumpel mitteilen wohin er gleich verschwinden würde. Auch um zu vermeiden, dass dieser währenddessen aufs Klo musste.

"Danach könnten wir noch mal trainieren gehen, wenn du magst." Ren nahm das Bad ja nicht aus Hygienegründen, sondern einfach nur um zu entspannen und sich mal ordentlich aufzuwärmen. Er duschte sowieso jeden Morgen. Nachdem er sich seine Wechselkleidung zurecht gesucht hatte, legte Ren schon seine Augenbinde ab. Es war sowieso niemand außer ihnen da, so dass er sie gerade nicht brauchte. Wenn man das Teil den ganzen Tag trug, wurde es schon irgendwann unangenehm. Er rieb sich kurz über die vernarbte Haut, langsam aber sicher verheilte auch diese Wunde, auch wenn ihm das sein Auge natürlich nicht zurück bringen würde. Zumindest musste er sich nicht länger um weitere Entzündungen sorgen.

Scheinbar wollte Ren doch noch mal mit ihm trainieren gehen, nachdem er ein Bad genommen hatte. Luca war das mehr als recht, weshalb er kurz nickte. "Okay, können wir machen. Aber schlaf nicht ein." Er grinste seinen Kumpel an und ließ sich dann auf sein Bett fallen. Er hatte sicherlich keine Lust darauf, den Jungen wecken zu müssen, damit sie noch früh genug weg kamen. Während er Ren dabei beobachtete, wie dieser seine Augenbinde auszog, dachte Luca darüber nach, wie er die Zeit gleich nutzen sollte. Zu schnell schweiften seine Gedanken aber wieder ab, als ihm erneut klar wurde, wie sehr ihm Ren vertraute. Er wusste, dass er sich keinem anderen so zeigen würde und das alleine reichte, um ein zufriedenes Gefühl durch Lucas Körper zu schicken. Auch wenn er beim Anblick der Wunde wie immer einen leichten Schmerz verspürte.

Schließlich entschied sich der Junge, sich in der Zwischenzeit um die Pflege seines Katanas zu kümmern. Er war stets auf den bestmöglichen Zustand der Waffe bedacht und so gab es nun kaum etwas großes an der Klinge zu tun. Also begnügte sich Luca mit einer ausgiebigen Politur, bei der er immer mal wieder in Gedanken abschweifte, hauptsächlich an Ren. Ein Bad würde den Jungen sicher sehr entspannen, so dass Lucas Chancen gut standen, später noch etwas aus seinem Kumpel herauszubekommen.

Schnellen Fußes verschwand Ren im Badezimmer, wo er sich sogleich eine heiße Wanne einließ. In der Zwischenzeit zog er sich vollkommen aus und band seine Haare zusammen, damit sie beim Baden nicht nass wurden. Als er schließlich im warmen Wasser lag dauerte es nicht lange, ehe Ren einnickte. Erst von einem penetranten Klopfen an der Tür wurde er wieder geweckt. Im Aufschrecken vergaß er, wo er sich gerade befand und dass er nackt war, nicht dass Luca ihn nicht längst nackt gesehen hatte. "Ja?", rief er zur Tür hin, während er sich langsam realisierend ins Wasser zurücksinken ließ. Er war doch eingeschlafen, wie spät es nun wohl war? Wie er Luca kannte, hatte er sehr lange gewartet, ehe er klopfte. Zumindest hatte Ren die Zeit so aber nicht mit unnötigem Nachdenken verbracht, das ihm nur wieder Kopfschmerzen bereitet hätte.

Es dauerte eine Weile, ehe Ren auf sein Klopfen reagierte, was Luca leicht grinsen ließ. Ehe er auf den Zuruf das Bad betrat, ließ er diese Emotion wieder aus seinem Gesicht verschwinden. Wie erwartet lag Ren noch immer in der Wanne und schaute mit verschlafenen Blick zu ihm auf. "Ist das nicht schon kalt?" Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen schloss Luca die Tür hinter sich und kam dann näher zu Ren. Er war sich ziemlich sicher, dass der Junge nichts dagegen hatte, dass er hier war. Er nahm ein großes Handtuch von der Heizung, um es seinem Freund reichen zu können. Nachdem er über eine halbe Stunde in dem Wasser gelegen hatte, war er sicherlich fertig mit seinem Bad. "Komm schon raus, bevor du dich noch auflöst." Er hielt Ren das ausgebreitete Handtuch hin, so dass der Junge aufstehen konnte, ohne das Luca allzu viel zu sehen bekam.

Ein  bisschen unangenehm war es Ren dann aber doch, als Luca tatsächlich in das Badezimmer kam. Nicht aber, weil er ihn nackt in der Badewanne vorfand, sondern einzig und alleine wegen seiner Wortwahl. Ren war nun wirklich alt genug, um alleine Baden und sich anschließend auch selbst abtrocknen zu können. Und doch war er eingeschlafen, obwohl sein Kumpel ihm noch genau davor im Vorfeld gewarnt hatte. "Tu nicht so, als wäre ich aus Zucker", beschwerte er sich, während er vorsichtig aufstand und dann doch schnell nach dem Handtuch griff. Das Wasser war kalt und er fror wieder, obwohl er doch genau aus diesem Grund überhaupt ein heißes Bad hatte nehmen wollen. Im Endeffekt hatte es ihm gar nichts gebracht. Umso froher war er darüber, dass das Handtuch dank der Heizung schön warm war. Nur zu gerne wickelte er es um sich und stieg dann aus dem Wasser. "Wie spät ist es denn?", fragte er schließlich, während er sich abtrocknete, doch interessiert nach. Luca hatte ihn sozusagen auf frischer Tat ertappt, da brauchte ihm nun diese Frage auch nicht mehr peinlich zu sein. Der Blick aus dem kleinen Fenster verriet ihm auf jeden Fall, dass es draußen bereits dunkel geworden war. Aber was sagte das schon zu dieser Jahreszeit, in der es gefühlt immer dunkel war, schon aus? Nachdem Ren sich zumindest seine Unterwäsche übergezogen hatte, schaute er fragend zu seinem Kumpel.

Nur mit Mühe verkniff sich Luca eine Erwiderung auf Rens Worte und trat stattdessen einfach nur einen Schritt zurück, um dem Jungen Platz zu machen. Wie gebannt heftete sich sein Blick an Luca zusammengebundene Haare, während dieser sich abtrocknete. Natürlich hätte er das Badezimmer wieder verlassen können, um Ren zum Anziehen dessen Privatsphäre zu geben, doch da er zumindest in diesem Punkt sicher wusste, dass seine Anwesenheit den anderen nicht störte, sah Luca keine Notwendigkeit darin. "Keine Sorge, es ist nicht viel Zeit vergangen", versicherte er Ren auf dessen Frage. "Ich will schließlich nicht, dass du dir doch noch eine Erkältung holst." Obwohl er seinen Kumpel angrinste, waren seine Worte ernst gemeint. Rens Körper hatte in letzter Zeit genügend durchmachen müssen, eine Erkältung musste nun nicht auch noch dazu kommen. "Wir haben immer noch reichlich Zeit, um trainieren zu gehen. Außer du willst nun doch lieber schlafen." Obwohl der Tag für Luca ziemlich entspannend gewesen war, so hatte sein Kumpel fast durchgehend mit Anspannung zu kämpfen gehabt und hatte sich darüber hinaus noch eine Menge Gedanken gemacht. Luca konnte sich nur allzu gut vorstellen, wie auslaugend das sein musste. Und die Tatsache, dass sein Kumpel in der Badewanne eingeschlafen war, war auch noch einmal Beweis genug dafür, wir erschöpft er doch sein musste.

Ren fragte sich wirklich, ob Luca ihm die Wahrheit sagte. War wirklich nur eine kurze Zeit vergangen? Aber warum sollte er ihn auch anlügen? Und so froh er auch darüber war, dass er rechtzeitig geweckt wurde, ehe er sich doch noch verkühlte, so wüsste er doch zu gerne, ob Luca tatsächlich so aufdringlich gewesen wäre. Immerhin hätte es auch einfach sein können, dass er einfach mal länger baden wollte. Jedoch entschied sich Ren dazu, dass es das beste wäre, wenn er nicht weiter darauf herumreiten würde. Luca tat es schließlich auch nicht, wofür er ihm wirklich dankbar war. "Quatsch. Ich hab doch gesagt, dass wir danach trainieren gehen", versicherte er seinem Freund noch einmal. Auch wenn er gerade eingeschlafen war, so kannte sich Ren doch gut genug, um sich ziemlich sicher zu sein, dass ihm das im Bett nicht so einfach fallen würde, würde er sich jetzt gleich wieder hinlegen. Das warme Wasser hatte ihn tatsächlich entspannt und das war vermutlich auch der einzige Grund für dieses ungeplante Nickerchen gewesen. Nun hatte er lediglich noch mehr Energie zur Verfügung, um die nächsten Stunden dem gemeinsamen Training zu widmen. "Ich muss nur eben noch meine Augenbinde anziehen und meine Waffe holen, dann können wir los", teilte er seine Entschlossenheit mit und verließ auch schon das Badezimmer, nachdem er sein Handtuch zum Trocknen zurück über die Heizung gehängt hatte.

Nach wie vor amüsiert folgte Luca seinem Kumpel zurück in ihr Zimmer, wo sich dieser fertig machte. Luca selbst war längst vorbereitet, so dass er sich nur nach seinen Mantel und die dicken Winterstiefel überziehen musste, bevor sie zusammen das kleine Haus verlassen konnten. Ren wirkte auf einmal so entschlossen, dass Luca sich kurz fragen musste, ob es nur eine Show war. Diesen Verdanken verwarf er sogleich aber wieder, da Ren nicht der Typ für solche Lügen war. Er war sich ziemlich sicher, dass sein Freund es ihm einfach sagen würde, wenn ihm nicht nach trainieren war. Vermutlich hatte ihn seine wiederholte Fragerei einfach so sehr auf die Palme gebracht, dass Ren nun so reagierte. Etwas schlecht fühlte sich Luca bei dem Gedanken schon. Da hatte Ren heute schon so einen anstrengenden Tag und er selbst ging nicht viel schonender mit ihm um. Aber Luca war nun mal auch neugierig. Er seufzte lautlos in sich hinein, als er hinter ihnen die Haustür abschloss. Für heute sollte er es einfach mit den Fragen lassen. Morgen war auch noch ein Tag. "Wieder zum Sportplatz?" Mit dieser beinahe selbstverständlichen Frage wandte er sich an seinen Kumpel, ohne eine wirkliche Antwort von ihm zu erwarten. Der Sportplatz war die meiste Zeit und vor allem nachts unbelebt. Sie nutzten ihn fast immer für ihr Training und so machten sie sich auch nun auf den Weg zu genau diesem.

[Ren und Luca gt: Kovor, Der Sportplatz]

[Ren und Luca cf: Kovor, Der Sportplatz]

Nachdem Luca mehrere Anläufe gebraucht hatte, um das Schloss der Haustür aufzuschließen nahm er sich vor, sich nach dickeren Handschuhen umzuschauen. Zum Kämpfen waren seine zwar überaus angenehm, das brachte ihm aber wenig, wenn ihm dabei die Hände abfroren. Wie immer wurde er von einer beinahe unangenehmen Wärme begrüßt, als er in das Haus trat. Um diese Jahreszeit pflegten seine Eltern es, den Kamin anzuwerfen, was Luca nur Recht war. Nachdem er seine nassen Schuhe und Mantel ausgezogen hatte, ging er ins Wohnzimmer, um seine Eltern zu begrüßen. Dabei machte er sich nicht einmal die Mühe, sein Katana zu verbergen. Seine Eltern wussten was sie jeden Abend taten. Und auch wenn sie nicht unbedingt glücklich damit waren, so ließen sie die Jungs doch gewähren. Das war eine der Dinge, wofür Luca seinen Eltern wirklich dankbar war. Auch wenn sie ihm hier und da Vorschriften gaben, sie ließen sie ihm doch viele Freiheiten, die der Junge nur allzu gerne auslebte. "Wir sind wieder da", begrüßte er seine Eltern und machte sich dann sogleich auf den Weg zu dem Kamin, an dem er nicht nur seine kalten Hände wärmte, sondern auch seine nasse Kleidung etwas zu trocknen versuchte. Auf diesen Schnee war er nicht vorbereitet gewesen. "Luca. Ren." Begrüßte seine Mutter die beiden Jungs. "Ich hatte mir schon Sorgen gemacht. Dieser Schnee ist ja furchtbar." Sanft lächelte sie ihren Sohn an. "Ach Alina, die beiden sind nun wirklich alt genug, dass sie sich wegen so etwas Schnee schon nicht verlaufen", mischte sich sein Vater ein, der das alles etwas lockerer zu sehen schien. "Darum geht es mir doch gar nicht", entgegnete seine Mutter empört. "Justus, nimm das alles doch ein bisschen ernster." Luca konnte nicht anders, als über dieses Streitgespräch seiner Eltern Ren anzulächeln. Gerade fühlte er sich wirklich wohl. Hier im warmen mit seiner Familie, seinen besten Kumpel eingeschlossen, zusammen zu sein. Er konnte nur hoffen, dass es Ren ähnlich erging.

Im Gegensatz zu Luca stellte Ren seine Sense im Hausflur ab. Alleine schon, weil er in dem gemütlich eingerichtete Wohnzimmer nichts kaputt machen wollte. Seine Waffe war doch etwas länger als das Katana, das sein Kumpel bequem an seiner Seite tragen konnte. Ohne zu zögern folgte er Luca in das warme Wohnzimmer, blieb aber in der Nähe der Tür stehen. Hier war es wirklich warm genug, um sich nicht noch direkt neben den Kamin stellen zu müssen. Lucas Eltern nickte er kurz zu, nachdem seine Mutter sie erleichtert begrüßt hatte. Die beiden waren es bereits gewohnt, dass er nicht sonderlich gesprächig war. Und es erleichterte ihn wirklich, dass er so hingenommen wurde, wie er war. Ansonsten hätte er sich in dieser Familie vermutlich als noch störender empfunden, als er es eh schon tat. Lucas Lächeln war es, dass ihn auf andere Gedanken brachte. Sein Kumpel schien wirklich glücklich zu sein, auch wenn Ren nun nicht sagen konnte, an was genau das nun lag. Doch er freute sich ebenfalls. Dafür, wie der Tag angefangen hatte, war er nun doch noch ganz schön geworden. Konnte er nur hoffen, dass es morgen nicht genauso verlaufen würde, sondern gleich besser anfing. "Wir haben mit dem Essen auf euch gewartet. Ihr habt doch sicher Hunger?", wandte sich Alina wieder an die Jungs, nachdem sie mit ihrem Mann zu ende diskutiert hatte. Dass sie dabei vor allem Ren anschaute, daran hatte sich der Junge bereits gewöhnt. Zwar war die Frau schon immer sehr fürsorglich gewesen, nicht nur bei ihrem eigenen Sohn. Doch seit dem Zwischenfall bemutterte sie ihn beinahe mehr, als Luca. Zumindest erklärte das, woher Luca diese Veranlagung hatte. Auf die Frage nickte Ren sogleich. "Etwas zu Essen wäre gut." Zumal er heute fast gar nichts gegessen hatte. Ein halbes Brötchen und die Suppe beim Asiaten. Und auch das war schon wieder einige Stunden her. Um ehrlich zu sein bemerkte Ren, jetzt wo er sich im warmen befand und darauf angesprochen wurde, erst wie hungrig er eigentlich war.

Das Abendessen war wie eigentlich immer das beste am Tag. Seine Mutter war eine begabte Köchin und die Tatsache, dass sie die Essenszeit immer auf die Ankunft von ihnen abstimmte, machte das Essen nur noch leckerer. Auch wenn er ihre Gerichte im kalten Zustand vermutlich genauso verschlingen würde. Ren schien da ganz ähnlicher Meinung zu sein, denn er hatte beim Abendessen sein Essen beinahe wirklich geschlungen. Bei diesem Anblick waren die Schuldgefühle in Luca hochgekommen. Anscheinend hatte er nicht gut genug darauf geachtete, dass der Junge ausreichend aß. Nicht dass das seine Aufgabe war, aber nachdem er wusste, dass Ren dieses Bedürfnis gerne einmal vergaß, besonders an solchen stressigen Tagen wie heute, achtete er doch immer etwas darauf. Das heiße Wasser, dass gerade über ihn strömte, brachte Luca zumindest schnell auf andere Gedanken. Diese Dusche war wirklich nötig gewesen.

Nachdem er fertig war, kehrte er in sein Zimmer zurück, wo er Ren wie so oft lesend auf seinem Bett vorfand. Obwohl der Junge eine eigene Matratze hatte, war er wohl der Ansicht, dass Lucas Bett deutlich bequemer war. Nicht dass Luca ein Problem damit hatte. Kaum hatte er die Zimmertür hinter sich geschlossen, ließ er sich neben seinem Freund aufs Bett fallen. "Müsstest du nicht langsam mal mit dem Buch durch sein?", zog er Ren auf, der nicht erst seit gestern daran saß, allerdings auch immer nur kurz zum Lesen kam. Luca wunderte es sowieso, dass er Junge dafür überhaupt den Kopf hatte. Vielleicht war es aber auch genau das, was er brauchte, um seinen Kopf frei zu bekommen.

Wie immer, wenn Ren mal etwas Zeit für sich in dem Zimmer hatte, widmete er sich seinem Buch. Seine Eltern hatten es ihm zu seinem Geburtstag geschenkt, bevor das alles passiert war. Und auch wenn es ihn immer schmerzte, wenn er es sah oder in die Hand nahm, so fühlte er sich doch in der Pflicht, es es zu lesen. Immerhin war es eines der wenigen Dinge, die ihm von seinen Eltern geblieben waren. Nachdem Luca wieder in das Zimmer kam und ihn darauf ansprach war die gute Laune von vorhin definitiv vergangen. Beinahe bedächtig klappte er das Buch wieder zu und drehte sich zu seinem Freund, als sich dieser neben ihn aufs Bett setzte. "Ich habe es nicht eilig", entgegnete er nur auf die scherzhafte Provokation. Das hatte er tatsächlich nicht. Ganz im Gegenteil wollte er möglichst lange an dieser Erinnerung festhalten können und wenn er es dafür noch fünf mal lesen würde. "Wollen wir schon schlafen?", wechselte Ren das Thema. Er zumindest war müde genug, um sich bereits hinzulegen. Draußen war es dunkel und alles was man durch das Fenster sehen konnte, waren die dicken Schneeflocken, die unaufhörlich zu Boden fielen. Ob er aber wirklich einschlafen konnte, war die andere Frage, war Ren immerhin schon wieder nervös. Dieses Mal nicht unbedingt wegen des morgigen Schultages, der vermutlich sowieso ausfiel, sondern wegen ihres Vorhabens. Eine positive Aufregung, die es ihm aber trotzdem schwer machen würde, einzuschlafen. Egal was Luca noch vorhatte, Ren kroch bereits unter dessen Decke. Zum einen um seine Müdigkeit auszudrücken, zum anderen um ihn indirekt danach zu fragen, ob es okay war, dass er heute Nacht wieder bei ihm schlief. Momentan wollte er einfach nicht alleine sein, auch wenn zwischen ihren Betten nur wenige Meter lagen. Und obwohl Luca diese Frage noch nie abgelehnt hatte, fühlte Ren sich doch wohler damit, es ihm einfach zu zeigen.

Deswegen lag Ren also heute in seinem Bett. Er wollte wieder einmal bei ihm schlafen. Im Winter hatte er noch weniger Probleme damit, als sonst schon, weswegen Luca kurzerhand wieder aufstand, um das Licht auszuschalten. "Schlafen klingt nach einem Plan", merkte er grinsend an, während er zu dem Lichtschalter ging. Zu Rens Art und Weise nach Erlaubnis zu fragen, äußerte sich Luca gar nicht erst. Was sollte er auch antworten außer, dass es ihm recht war? Sie hatten das ganze schon so oft durchgespielt, dass sie dafür keine Worte mehr brauchten. Immerhin wussten sie beide auch, dass es dem jeweilig anderen recht war. Und wenn Luca doch einmal etwas dagegen haben sollte, konnte er das auch einfach so äußern. Als er im Dunklen zu seinem Bett zurückging, leuchtete der Schnee von draußen beinahe hell in das Zimmer. Was dieser Winter wohl noch alles für sie bringen würde? Luca hatte beinahe das Gefühl, dass er gar nicht mehr enden wollte. In einer schnellen Bewegung legte er sich neben Ren in sein Bett und zog sich seine eigene Decke bis zum Kopf. Hier war es doch etwas kälter, als im Wohnzimmer, was zum schlafen natürlich angenehmer war. Jetzt gerade musste er aber erst einmal die Bettdecke aufwärmen und wieder etwas warm werden. "Schlaf gut, Ren", wünschte er seinem Freund wie jeden Abend, nachdem er sich diesem zugedreht hatte. Ob der andere wohl wusste, wie sehr seine Gegenwart Luca beruhigte? Insgeheime freute er sich ja immer, wenn der andere mal bei ihm mit im Bett schlafen wollte. Und nun war es schon das zweite Mal in folge. So würde er ganz sicher schnell einschlafen können.

Nachdem sich Luca gestern Abend zu ihm gelegt hatte, war Ren trotz seiner Bedenken erstaunlich schnell eingeschlafen. Lucas Anwesenheit wirkte so beruhigend auf ihn, dass er sich manchmal schon fragte, was er mal machen würde, wenn das hier nicht mehr möglich war. Verschlafen öffnete Ren sein Auge. Draußen war es noch dunkel und durch das Fenster war nichts mehr zu sehen. Entweder hatte es also aufgehört zu schneien, oder der Schnee hatte die gesamte Scheibe bedeckt. Danach wanderte Rens Blick zu Luca, der seelenruhig neben ihm schlief. Demnach zu folge hatte der Wecker noch nicht geklingelt und Ren fragte sich ernsthaft, warum er dann schon wach war. Was hatte ihn geweckt? Kurz gingen seine Alarmglocken an und er lauschte beinahe panisch in die Stille des Hauses. Doch neben den üblichen, nächtlichen Geräuschen war nichts zu hören, so dass er sich langsam wieder beruhigte. Er hasste es wirklich, außerplanmäßig aufzuwachen und nicht zu wissen warum. Zumindest seit der Grund dafür eine Rotte Vampire gewesen war. Langsam setzte sich der Junge auf. Die Gefühle, die ihn so plötzlich überrollt hatten, musste er erst einmal verarbeiten. Außerdem würde er nun nicht mehr so schnell einschlafen können. Nachdem er das schlimmste überstanden hatte, richtete Ren seinen Blick wieder auf Luca, der nach wie vor seelenruhig neben ihm lag und schlief. In der Dunkelheit konnte er kaum mehr als dessen Silhouette ausmachen. Ob er ihn wohl wecken sollte? Er würde ihn auf jeden Fall schneller beruhigen können, wenn er wach war. Andererseits wollte Ren nicht seinen Schlaf stören.

Es war ein leises Rascheln, welches Luca geweckt hatte. Seit er sich um seinen Freund gekümmert hatte, war er deutlich aufmerksamer geworden, vor allem nachts. Es war nicht selten, dass Ren Albträume hatte. Dass er ihn danach aber beruhigen musste, war schon lange nicht mehr geschehen. Was nun aber los war, konnte Luca nicht sagen. Ren war auf jeden Fall aufgewacht, denn er bewegte sich hinter seinem Rücken. Luca lauschte eine Weile, da er sich sicher war, dass der Junge sich aufgesetzt hatte. Als nach einer gefühlten Ewigkeit aber noch immer kein Mucks von seinem Freund gekommen war, streckte Luca langsam seine Beine, ehe er sich vorsichtig umdrehte. Er wollte, dass der andere bemerkte, dass er wach war und sich nicht erschreckte, wenn er auf einmal los sprach. Fragend schaute er zu Luca, der tatsächlich saß und scheinbar auch zu ihm schaute. "Was ist denn los?" Seine Stimme klang nicht nur verschlafen, sondern auch rau. Kein Wunder, was es allem Anschein nach auch noch mitten in der Nacht. Er rieb sich kurz über die Augen, in der Hoffnung so etwas wacher zu werden und setzte sich dann ebenfalls halb auf. Und wenn er kurz vor einer Ohnmacht stünde, für Ren würde er selbst dann gegen den Schlaf ankämpfen. Seine seltsamen Gedanken nahm Luca einfach so hin. Er war viel zu müde, um darüber nachzudenken.

Während Ren noch überlegte, ob er Luca wecken, oder sich einfach wieder hinlegen sollte, begann sich dieser auf einmal zu bewegen. Er war aufgewacht. Ob er ihn durch seine Bewegungen geweckt hatte? Augenblicklich fühlte sich Ren etwas schlecht. Dieses Gefühl verstärkte sich noch, als sein Freund ihn fragte, ob alles okay wäre. Natürlich machte Luca sich Sorgen, das tat er immer. "Ich... Ich kann nur nicht mehr schlafen." Das stimmte auch. Er war aus keinem bestimmten Grund aufgewacht. Gerade das war es ja auch, was ihn so aus dem Konzept brachte. "Hab ich dich etwa geweckt?" Obwohl es eine Frage war, klang es mehr nach einer Entschuldigung, immerhin war es offensichtlich. Was sonst hätte den Jungen aufwecken sollen? Da er nun aber schon wach war, nutzte Ren die Chance, um sich richtig aufzusetzen und seine Decke über seinen Oberkörper zu ziehen. Obwohl es Winter war, hatten sie die Heizung nur selten und erst recht nicht nachts an. Dementsprechend kühl war es nun aber auch in dem Raum, weswegen er sich nur allzu gerne in seine warme, dicke Decke kuschelte. Außerdem konnte Ren sie nutzen, um die untere Hälfte seinen Gesichts zu verdecken, auch wenn Luca von ihm vermutlich genauso wenig sehen konnte, wie er von seinem Kumpel. Ren war sich nicht sicher, ob er gerade überhaupt sprechen wollte.

Da Ren üblicherweise wie ein Stein schlief, wenn er erst einmal eingeschlafen war, stimmte eindeutig etwas mit dem Jungen nicht. Und Luca konnte sich beinahe schon denken, was los war. Bevor er aber darauf einging, schüttelte er leicht mit seinem Kopf, hielt dann aber inne. "Das ist schon okay", versicherte er seinem Kumpel, wegen dem er nun mal wirklich wach geworden war. "Ich sag dir doch immer, bevor du dich die halbe nach rumquälst, weck mich lieber. Ich schlaf sowieso wieder schnell ein." Er sprach mit ruhiger Stimme, wobei er leicht lächelte, auch wenn der andere es vermutlich nicht sehen konnte. Vermutlich konnte er Ren diese Worte noch hundertmal herunter beten und er würde sich trotzdem wieder jedes Mal entschuldigen. Dieser Junge war einfach zu gutmütig. "Magst du darüber reden?" Immerhin gab es einen Grund dafür, wenn er mitten in der Nacht hellwach war. Vermutlich hatte er wieder Panik bekommen, was vor allem in der Anfangszeit schlimm gewesen war. Sie hatten sich nicht nur einmal deswegen die halbe Nacht mit Gesprächen um die Ohren geschlagen. Mittlerweile war Luca aber der Ansicht, dass sein Freund deutlich besser damit umgehen konnte und er akzeptierte, wenn dieser nun nicht darüber sprechen wollte. Er wollte nur nicht gleich wieder einschlafen, wenn es Ren währenddessen so schlecht ging. In der Hinsicht musste er dem Jungen leider immer wieder auf die Füße treten, damit er auch wirklich mit der Sprache herausrückte.

Eigentlich überraschte es Ren nicht, dass Luca genau wusste, das etwas nicht mit ihm in Ordnung war. Nach allem, was sie gemeinsam durchgemacht hatten, wäre es eher verwunderlich gewesen, wenn er sich einfach wieder umgedreht und weitergeschlafen hätte. Für einen Moment schaute er Lucas Silhouette einfach nur an, ehe er seinen Kopf auf seinen angezogenen Knien ablegte und sein Gesicht damit noch tiefer in seine Decke vergrub. "Ich weiß nicht", begann er schließlich zögerlich. Worüber sollte er groß sprechen? Dieses Gespräch hatten sie bereits ein dutzend Mal geführt. Andererseits wollte Ren sich auch einfach mit Luca unterhalten, in der Hoffnung sich so einfach etwas beruhigen zu können. "Ich bin aufgewacht und kann jetzt nicht mehr einschlafen. Es war nichts." Und obwohl das eigentlich beruhigend war, schließlich war es gut, wenn nichts war, so musste sich der Junge von seinen eigenen Worten schütteln. Wieder kamen die Erinnerungen an diese schreckliche Nacht zurück und sorgten dafür, dass nun sein gesamtes Gesicht in seiner Decke verschwand, während er daran dachte, dass er an dieser Stelle vor einigen Wochen noch geweint hätte. Nun trauerte er jedoch nur noch innerlich, während er versuchte sich einzureden, wie lachhaft es doch war, dass er jetzt, da er es laut ausgesprochen hatte, wieder losheulen wollte. So langsam sollte er wirklich einmal darüber hinweg kommen, das Leben ging immerhin weiter.

Wie immer versuchte Ren es als eine Kleinigkeit darzustellen. Doch sein Körper sagte etwas ganz anderes, als seine Worte. Selbst in der Dunkelheit konnte Luca sehen, wie sich sein Freund verkrampfte und sein Gesicht in seiner Decke vergrub. Er wusste genau, wie sehr es Ren belastete, an das Geschehene erinnert zu werden. Und mitten in der Nacht scheinbar ohne Grund aufzuwachen war definitiv etwas, was ihn daran erinnerte. Da er keine klare Antwort darauf bekommen hatte, ob der Junge reden wollte, versuchte Luca wie immer möglichst vorsichtig an das Thema heran zu gehen. Seine Müdigkeit hatte er für den Augenblick vergessen. "Es ist okay, Ren", hauchte er ihm mit beruhigender Stimme zu. Und damit meinte Luca nicht nur, dass es nichts gab, worum er sich Sorgen zu machen brauchte. Es war okay, wenn er sich nun seiner Angst hingab und sich mit der ganzen Thematik auseinander setzte. Es war offensichtlich, dass dieser erste Schultag ihn ziemlich mitgenommen hatte. Doch Luca war nach wie vor der Meinung, dass sein Freund das Geschehene noch aufarbeiten musste. Ren hatte es gestern selbst gesagt, er war sich nicht sicher, ob er schon wirklich darüber hinweg war. Solange er sich von solchen Dingen, wie mitten in der Nacht aufwachen, so aus dem Takt bringen ließ, war er es aber definitiv nicht. Ohne groß darüber nachzudenken, rutschte Luca zu dem Jungen, um seine Arme um dessen Oberkörper zu legen und ihn leicht an sich zu drücken. "Es ist alles okay", wiederholte er leise sein Worte. Wenn Ren etwas brauchte, dann war es Zeit. Doch diese musste er sich selbst geben.